Finanzminister Scholz wegen Nord Stream 2 in den Bundestag zitiert

Die Oppositionsparteien haben die Bundestagssitzung in der Debatte zu Nord Stream 2 unterbrechen lassen und Bundesfinanzminister Scholz aus der Bund-Länder-Konferenz herauszitiert. Hintergrund ist sein Milliardenangebot an die USA zum Import von Fracking-Gas.

Auf Antrag der Fraktionen von Grünen, Linken, FDP und AfD hat der Bundestag beschlossen, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Pandemie verlassen und umgehend ins Parlament kommen muss, um an einer laufenden Debatte zur Russland-Politik und über die Pipeline Nord Stream 2 teilzunehmen. Die Bundestagssitzung wurde bis zur Ankunft des Ministers unterbrochen, der dann auf der Regierungsbank Platz nahm.

Hintergrund ist, dass Scholz den USA ein Milliardenangebot zur Verhinderung von Sanktionen gegen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 gemacht haben soll. Am 9. Februar hatte die Deutsche Umwelthilfe ein entsprechendes Dokument veröffentlicht. Demnach hat Scholz den USA bis zu einer Milliarde Euro Importförderung für ihr flüssiges Fracking-Gas geboten.

Das Finanzministerium hat das von der Deutschen Umwelthilfe veröffentlichte Dokument bisher nicht kommentiert und sich dabei auf die Vertraulichkeit der Verhandlungen mit den USA berufen. Die Grünen wollen das nicht hinnehmen, weil es um Steuergelder geht und der Bundestag die Hoheit über den Bundeshaushalt hat.

Der Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner reagierte auf die Bekanntgabe empört. Er habe sich gefreut, als die SPD am vergangenen Wochenende den Kampf gegen die Klimakrise zum Schwerpunkt der kommenden vier Jahre erklärt habe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Und nun sei Scholz bereit gewesen, der Regierung des früheren US-Präsidenten Donald Trump Milliarden Euro "für dreckiges Fracking-Gas" zu bezahlen. Er drückte sein Unverständnis aus, warum die SPD "mit Steuergeld schmutziges Fracking-Gas aus den USA kaufen" wolle, um eine nach seiner Ansicht "klimaschädliche Pipeline" mit Russland weiterzubauen. Geht es nach Kellner, müsse die Bundesregierung Nord Stream 2 stoppen.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte die Grünen scharf. Dass sie Scholz in den Bundestag zur Aktuellen Stunde zitiert hätten, sei "ein scheinheiliges Spektakel". Er warnte vor den Konsequenzen eines Stopps des Pipeline-Projekts Nord Stream 2, obwohl er selbst Kritik übte an der russischen Regierung im Fall Nawalny.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast warf den Grünen vor, dass diese zusammen mit der AfD für das Herbeirufen von Scholz votierte. "Ihr parlamentarischer Bündnispartner AfD in dieser Sache spricht für sich", erklärte Mast.

Eine Herbeirufung ist in Artikel 43 des Grundgesetzes geregelt. "Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen", heißt es darin. Die Geschäftsordnung des Bundestags legt fest, dass dafür mindestens eine Fraktion oder fünf Prozent der Mitglieder des Bundestags nötig sind.

Der Umgang mit der Pipeline, die zusätzliche Erdgaslieferungen aus Russland nach Deutschland ermöglichen soll, ist in der Großen Koalition umstritten. Der CDU-Politiker Michael Brand forderte in der Bundestagsdebatte ein Moratorium. Diese Position vertritt auch die FDP. Linke und AfD fordern, an Nord Stream 2 festzuhalten.

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(rt/dpa)