Bund und Länder sehen noch lange keinen Anlass für Entwarnung. Denn neue Varianten des Virus breiteten sich aus, so Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder. Die bestehenden Auflagen sollen deshalb grundsätzlich bis zum 7. März verlängert werden. Die Details:
KONTAKTE: Privat sollen sich die Menschen in Deutschland weiterhin nur mit jeweils einer weiteren Person außerhalb des eigenen Haushalts auf einmal treffen. Der Kreis dieser Menschen sollte möglichst klein gehalten werden. Die Bürger sind dringend gebeten, "alle Kontakte auf das absolut notwendige Minimum zu beschränken und insbesondere Zusammenkünfte in Innenräumen zu vermeiden".
MASKEN: Das Tragen von medizinischen bzw. FFP2-Masken in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln bleibt Pflicht.
REISEN: Nicht notwendige private Reisen und Besuche sollen unterlassen werden.
HOMEOFFICE: Arbeitgeber müssen Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice erlauben, sofern ihre Tätigkeiten das zulassen. Details regelt eine Verordnung des Bundesarbeitsministeriums. Bund und Länder fordern die Arbeitgeber auf, diese konsequent anzuwenden. Wo sich doch mehrere Menschen bei der Arbeit gemeinsam in einem Raum aufhalten, sollen besser schützende Masken getragen werden.
KITAS & SCHULEN: Die Öffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche soll Priorität haben. Dieser Bereich soll daher als erster "schrittweise"
wieder geöffnet werden mit Vorsichtsmaßnahmen wie Lüften, Schnelltests und – wo möglich – Masken. Über Öffnungen entscheiden aber die Länder. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern sollen prüfen, ob Kita-Erzieher und Grundschullehrer beim Impfen eine höhere Priorität erhalten.
FRISEURE: Friseure dürfen ab dem 1. März wieder öffnen. Sie müssen die Kundenzahl vor Ort mit Terminen steuern, außerdem müssen medizinische Masken oder solche mit FFP2-Standard getragen werden.
WEITERE ÖFFNUNGEN: Erst wenn eine "stabile" Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen erreicht ist, sollen weitere Öffnungen durch die Länder folgen. Dann sollen der Einzelhandel, Museen und Galerien sowie Betriebe mit sogenannten körpernahen Dienstleistungen wieder aufmachen können. Für Lockerungen in Kultur, Sport, Freizeit, Gastronomie und Hotelgewerbe wollen Bund und Länder eine "sichere und gerechte Öffnungsstrategie" entwickeln.
In Ländern und Landkreisen, wo es binnen sieben Tagen weiterhin mindestens 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gibt, sollen gegebenenfalls weiter härtere Auflagen gelten.
IMPFUNGEN: Geplant ist weiterhin, dass alle Bürger bis zum Ende des Sommers ein "Impfangebot" bekommen. Das bedeutet nach früheren Ausführungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass bis dahin jeder, der möchte, mindestens eine erste Impfung gegen COVID-19 erhalten haben soll.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat während der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern vor zu schnellen Lockerungen gewarnt. Vergangene Pandemien hätten gezeigt: Immer wenn man nachlässig werde, "dann passiert das große Unglück", sagte Kretschmer am Mittwochabend vor Journalisten. Die Verhandlungen dauerten da noch an.
Bund und Länder hätten sich auf "maßvolle Schritte" für Friseure und Schulen sowie Kitas verständigt, sagte Kretschmer. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 im März solle es weitere Lockerungen geben, etwa im Handel oder der Gastronomie. Darüber solle im März beraten werden.
Millionen Amateur- und Breitensportler müssen weiter Verzicht üben. Bis in den März hinein werden die Corona-Beschränkungen gelten. Für die Zeit danach wollen Bund und Länder Planungsperspektiven schaffen.
Trotz der Appelle der Sportministerkonferenz für schrittweise Lockerungen sind vorerst keine Erleichterungen für den Sport vorgesehen. Merkel begründete die Verlängerung der Beschränkungen unter anderem mit der Ausbreitung von ansteckenderen Varianten des Coronavirus. Millionen Amateur- und Breitensportler müssen damit weiter im Corona-Lockdown auf ihren Trainings- und Wettkampfbetrieb verzichten. Profisportler können unter Ausschluss von Zuschauern und mit strengen Hygienekonzepten dagegen weiter Spiele und Wettbewerbe ausrichten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, seinen vorsichtigen Kurs im Kampf gegen Corona weitergehen zu wollen. Das Motto in Bayern heiße: "Vorsicht mit Perspektive". Bayern werde einen vorsichtigeren Kurs als andere Bundesländer fahren, kündigte Söder an. Es dürfe kein Stop-and-Go bei den Corona-Maßnahmen geben, weil dies die Akzeptanz für die Maßnahmen in der Bevölkerung untergrabe. Söder verwies zudem darauf, dass alle bisher getroffenen Maßnahmen im Lockdown gewirkt hätten.
"Jeder, der bezweifelt hat, ob die Maßnahmen Sinn hatten, ist durch die Realität widerlegt"
Auch der Wert von 35 sei durchaus in Sichtweite, so der Franke:
"Es ist kein Vertagen auf den Sankt-Nimmerleinstag."
Etliche Bundesländer wollen die wegen der COVID-19-Pandemie geschlossenen Schulen in den kommenden Wochen schrittweise öffnen. Berlin plane diesen Schritt für den 22. Februar, so der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD). Auch andere Bundesländer orientierten sich an diesem Termin.
Müller beschrieb die Öffnung von Schulen und Kitas, über die die Länder eigenständig entscheiden sollen, als schwierigen Abwägungsprozess zwischen Gesundheitsschutz einerseits sowie den sozialen Folgen weiter geschlossener Einrichtungen andererseits. Es gehe nicht um eine Öffnung auf einen Schlag, sondern um "ein schrittweises Hochfahren des Präsenzbetriebes an den Grundschulen" mit Wechselunterricht, Hygieneregeln und auch neuen Testmöglichkeiten für Lehrer und Kinder. Letztere böten "mehr Sicherheit", sodass die Länder diesen Weg "guten Gewissens" gehen könnten.
Bund und Länder wollen am 3. März erneut beraten.
Resümierend äußerte sich Merkel über die Mutation des Coronavirus:
"Das alte Virus wird verschwinden. Wir werden mit einem neuen Virus leben. Und dieses neue Virus und sein Verhalten können wir noch nicht einschätzen."
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