Die Skandale um die Beschaffung von medizinischer Schutzausrüstung im Frühjahr 2020 reißen nicht ab: Nach Informationen der Zeitschrift Spiegel soll das Bundesgesundheitsministerium medizinische Schutzmasken und Schutzanzüge im Wert von 350 Millionen Euro von der Schweizer Firma Emix Trading gekauft haben. Brisanterweise soll sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) persönlich um den exorbitant teuren Einkauf gekümmert haben. Den Deal soll eine Lobbyistin des Lieferanten, Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler ist, eingefädelt haben.
Pikant an der Angelegenheit ist auch, dass es einen persönlichen Kontakt der Firma zu Spahn gegeben haben soll: Nach Informationen des Spiegel soll Emix Trading sogar im Besitz von Spahns Handynummer gewesen sein. Bereits Anfang März sollen Unternehmer der Firma dem Bundesgesundheitsminister Angebote unterbreitet haben. Das Bundesgesundheitsministerium hat bisher lediglich bestätigt, dass es geschäftliche Kontakte zu Emix Trading gab. Weitere Fragen wollte man nicht beantworten, da das Ministerium "zu vertraglichen Details und daraus resultierenden Handlungen keine Auskünfte gibt".
Aber nicht nur der Bund, auch einzelne Bundesländer tätigten Geschäfte mit dem dubiosen Schweizer Unternehmen: Mit Bayern soll es Geschäfte im Wert von 15,2 Millionen Euro getätigt haben, im Fall Nordrhein-Westfalens betrug das Geschäftsvolumen 5,2 Millionen Euro. Bei einem gemeinsamen Versuch der Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen, auf dem Weltmarkt medizinische Schutzausrüstung zu bekommen, habe die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml ihren NRW-Kollegen Karl-Josef Laumann sogar explizit auf das Unternehmen hingewiesen, wodurch der Deal mit Nordrhein-Westfalen zustande kam. Dabei habe das Unternehmen stolze Preise von 9,90 pro Maske aufgerufen.
Die Ministerien verweisen darauf, dass im Frühjahr vergangenen Jahres medizinische Schutzausrüstung auf dem freien Markt kaum noch zu haben war. Dabei bestand auch für den deutschen Markt durchaus die Möglichkeit, deutlich günstigere Ware zu bekommen. Selbst im April schloss man mit Emix Trading noch Verträge über die Lieferung von FFP2-Masken zu einem Preis von 5,40 Euro pro Stück ab, obwohl die Weltmarktpreise zu diesem Zeitpunkt schon wesentlich niedriger lagen – und das Bundesgesundheitsministerium sein eigenes Open-House-Verfahren bei einem Preis von 4,50 Euro bereits abgebrochen hatte. Merkwürdig ist auch, dass dieser Auftrag des Bundes nicht im europäischen Vergabeportal zu finden ist.
In der Schweiz steht die Firma schon seit Längerem in der Kritik, da sich das Unternehmen zu Beginn des vergangenen Jahres rechtzeitig mit Schutzmasken eindeckte und im März, als kaum noch Masken zu haben waren, teuer weiterverkaufte.
Der Schweizer Armee verkaufte es FFP2-Masken im Wert von 20 Millionen Franken (über 18 Millionen Euro) zu einem Stückpreis, der dem zehn- bis zwanzigfachen Preis vor der Corona-Krise entsprach. Mittlerweile hat ein Luzerner Anwalt für Wirtschaftskriminalität bereits Anzeige wegen Wucherei erstattet. Auch in den Schweizer Medien stehen beide Jungunternehmer, die hinter der als Graumarkthändler aktiven Firma stecken, in der Kritik, da sie sich von den Gewinnen mehrere Luxuskarossen angeschafft haben sollen.
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