Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat das Verlängern der Corona-Beschränkungen mit weiteren Maßnahmen trotz zuletzt leicht sinkender Infektionszahlen verteidigt. "Das ist mit diesem Lockdown so wie mit einem Antibiotikum: Wenn Sie zu früh aufhören, kann es anschließend noch schlimmer werden", sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Mit Blick auf neue, wohl ansteckendere Virusvarianten gelte zudem das Vorsorgeprinzip. "Wenn wir die Mutation erstmal überall haben, ist es im Zweifel zu spät."
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht verwies zuletzt am Dienstag im Interview mit dem MDR auf die Situation von Millionen Arbeitnehmern, die trotz drakonischer Einschränkungen tagtäglich ins Büro müssen und dazu in vollen Bussen und Bahnen fahren, das sei nicht nachvollziehbar.
Statt anderer, harter Einschränkungen wie Ausgangssperren oder auch ein kurzzeitiges, umfassenderes Runterfahren der Wirtschaft befürwortet Wagenknecht einen Fokus auf jene, für die Corona am gefährlichsten ist. Also die Älteren und insbesondere Menschen in Pflegeeinrichtungen. Für Wagenknecht sei unverständlich, warum da nicht mehr passiere, schließlich gebe es Schnelltests, sowohl Personal als auch Besucher könnten getestet werden. Doch gebe es hier das Problem des Personalmangels und der Überlastung, welches eben nicht durch Einschränkungen der Wirtschaft gelöst würde.
Statt sich andauernd auf einen "wenig aussagekräftigen", "abstrakten Inzidenzwert" zu beziehen, wäre es wichtiger, dort anzusetzen, um die Zahl der Schwererkrankten und jener, die sterben müssen, zu reduzieren. Bis zu 70 Prozent der bisher Gestorbenen lebten in einem Pflegeheim. Deren Risiko würde kaum reduziert, indem das Wirtschaftsleben gebremst wird, sondern weil das Virus in die Heime getragen wird.
Dass die Politik dennoch immer wieder neue Varianten von Lockdowns verordnet, sieht Wagenknecht darin begründet, dass sie nur noch von Woche zu Woche agiere. Zudem kritisiert die Volkswirtin, dass auf einer unzuverlässigen Datenlage, wie sie derzeit bestehe, derart gravierende Einschnitte in das gesellschaftliche Leben beschlossen würden.
Persönlich würde sie gezielter auf die einzelnen Altersgruppen schauen und das Infektionsgeschehen in den Krankenhäusern. Denn bisher haben die Maßnahmen, also der Lockdown, gar nicht zu einer Reduzierung bei der Altersgruppe der über 80-Jährigen geführt.
Bund und Länder hatten am Dienstagabend beschlossen, den vorerst bis Ende Januar vorgesehenen Lockdown mit Schließungen zahlreicher Einrichtungen bis Mitte Februar zu verlängern. Dazu kommen zusätzliche Vorgaben etwa zu besser schützenden Masken in Bussen, Bahnen und Geschäften sowie für mehr Arbeiten von zu Hause aus.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat dem Bundeskabinett eine Verordnung vorgelegt, mit der die von Bund und Ländern besprochenen Homeoffice-Vorgaben für Unternehmen umgesetzt werden sollen. Demnach sollen die Arbeitgeber den Beschäftigten Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten anbieten, um von zu Hause aus arbeiten zu können, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe dagegensprechen.
Das Ministerium spricht in den Erläuterungen zu der Verordnung von einer "Pflicht", Homeoffice anzubieten, "soweit dies nach den betrieblichen Gegebenheiten möglich ist". Die Homeoffice-Verordnung, mit der auch Schutzvorgaben am Arbeitsplatz im Betrieb verschärft werden, ist bis zum 15. März befristet. Heil rechnet nach der Unterzeichnung damit, dass sie Mitte der kommenden Woche wirksam wird.
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