Der eine gilt als Liebling der Konservativen, der andere als Kandidat der Mitte, und beim dritten ist stets von einem Überraschungsmann die Rede: Am kommenden Samstag soll beim 33. Parteitag der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) der nächste Vorsitzende gewählt werden. Nach 20 Jahren Frauenführung übernimmt nun wieder ein Mann das Ruder.
Der Parteitag findet zum ersten Mal größtenteils virtuell statt – wegen der COVID-19-Pandemie. 1.001 CDU-Delegierte sollen teilnehmen. Auch die Abstimmung zum neuen Vorsitzenden soll demnach zunächst digital ablaufen. Doch die verbindliche Schlussabstimmung soll aus rechtlichen Gründen in einer separaten Briefwahl durchgeführt werden.
Drei Kandidaten für den Vorsitz treten an: der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und der Außenpolitiker und ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen.
Parteiintern soll Merz, der bis Anfang 2020 noch Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des Vermögensverwalters BlackRock gewesen war, als Favorit gelten. Besonders bei der CDU-Basis soll er sich großer Beliebtheit erfreuen. Doch im Establishment der Partei habe er kaum Freunde, wie er einmal selbst beklagte. Der 64-jährige Jurist und Finanzexperte mit sehr guten Kontakten in die Wirtschaft gilt als der Anti-Merkel-Kandidat. Viele in der CDU hoffen offenbar, dass er das konservative Profil der Union wieder stärker betonen wird. Er selbst sagte, er wolle das Fundament der Partei breiter machen, damit auch Konservative und Liberale wieder eingebunden werden können. Während der Ära von Angela Merkel habe sich die CDU zu sehr den Positionen der Sozialdemokraten angenähert, bemängeln Parteimitglieder.
Merz selbst sieht sich zudem als Kandidat der Erneuerung. Vor allem das Thema Digitalisierung soll bei ihm Vorrang haben. So hatte er in seiner Erklärung zur Kandidatur etwa kritisiert, dass Deutschland in diesem Bereich noch nicht zukunftsfähig aufgestellt sei. Bereits beim Bundesparteitag Ende 2018 war er für die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze angetreten, hatte jedoch gegen die nun scheidende Annegret Kramp-Karrenbauer verloren.
Nun äußerte sich die 58-Jährige in einem Interview über die bevorstehende Wahl. Indirekt sprach sich Kramp-Karrenbauer gegen Merz aus, denn sie ist der Meinung, dass ihr Nachfolger "Regierungserfahrung" haben sollte. Der 64-jährige Jurist hatte bisher kein Regierungsamt inne – im Gegensatz zu den zwei anderen Kandidaten Laschet und Röttgen.
So sagte Kramp-Karrenbauer gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass der künftige CDU-Vorsitzende mit Verantwortung umgehen können muss.
"Die CDU hat, wie kaum eine andere Partei, den Anspruch: Wir wollen regieren. In der CDU ist deshalb ein ganz wichtiger Punkt, wie jemand mit Verantwortung umgeht."
Die Verteidigungsministerin ergänzte zugleich, dass aber alle drei Kandidaten gut seien, "Lust an Verantwortung" und "die Fähigkeit dazu" hätten. Doch sie fügte auch hinzu:
"Aber die eigentliche Regierungserfahrung, da haben Sie recht, die liegt bei Armin Laschet."
Ob der künftige Parteichef auch Kanzlerkandidat wird, muss die CDU in Absprache mit ihrer Schwesterpartei CSU klären. Kramp-Karrenbauer hatte erst jüngst in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt, dass sie "bis heute zufrieden" damit sei, auf die Kanzlerkandidatur verzichtet zu haben. Beim Parteivorsitz habe sie sich sofort gesagt: "Ich will." Bei der Kanzlerkandidatur habe sie für sich aber "am Ende entschieden, ich will es nicht zu 110 Prozent", für das Kanzleramt würden 99 Prozent jedoch nicht reichen.
Die 58-Jährige hatte Anfang Februar 2020 angekündigt, den Parteivorsitz abgeben zu wollen. Dabei verzichtete sie auch auf die Kanzlerkandidatur. Ihre Zeit als Parteichefin war kurz. Nach gut einem Jahr trat sie zurück. Einer der Gründe dafür dürfte die Wahl in Thüringen gewesen sein. Der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich war mit Stimmen der AfD und auch der CDU als Ministerpräsident gewählt worden. Kramp-Karrenbauer sah darin ein Verstoß gegen die Beschlusslage der Partei, konnte sich aber nicht gegen den Landesverband durchsetzen. Das tat erst Kanzlerin Merkel. Kramp-Karrenbauer wurde darauf parteiintern unter anderem Führungsschwäche vorgeworfen.
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