In Berlin haben am Sonntag Tausende an die Ermordung der beiden Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, am Abend des 15. Januar 1919 gedacht. Wie jedes Jahr ehrte ein Teil der Gedenkenden die ermordeten Arbeiterführer direkt an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde im Osten Berlins. Laut der linken Tageszeitung Junge Welt nahmen dieses Jahr etwa 2.000 Menschen an der Demonstration teil, die traditionell am U-Bahnhof Frankfurter Tor startet und zum Friedhof führt. Die Demonstration wurde ordnungsgemäß angemeldet und ein Hygienekonzept erarbeitet, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Die Linkspartei hat ihre Gedenkveranstaltung auf März verschoben.
Beim Demonstrationsauftakt soll es zu einem Polizeiangriff gekommen sein, wie die Junge Welt berichtet. Demzufolge stürmten Polizisten in den Demonstrationszug und prügelten unvermittelt auf die Gedenkenden ein. Die Zeitung vermeldet unter Berufung auf Augenzeugen mindestens zehn Schwerverletzte und etwa 35 Festnahmen. Das aggressive Vorgehen der Beamten soll mit dem Tragen von Symbolen der "Freien Deutschen Jugend" einiger Teilnehmer begründet worden sein. Die FDJ war in Westdeutschland 1954 als verfassungswidrige Organisation in einem umstrittenen Verfahren verboten worden. Aufgrund des Einigungsvertrages im Zuge des Beitritts der DDR zur BRD darf sie aber wieder legal auftreten, denn Parteien und Organisationen, die in der DDR zugelassen waren, dürfen sich auch im wiedervereinigten Deutschland betätigen.
Die Deutsche Presse-Agentur dagegen vermeldet, dass bei der Demonstration einige Böller gezündet worden seien und einige Demonstrationsteilnehmer Flaschen auf Polizeibeamte geworfen hätten. Auf Twitter kommentierte die Polizei Berlin diese angeblichen Vorfälle nicht, sondern äußerte sich direkt zu dem Tragen von Symbolen der angeblich verbotenen FDJ:
Nachdem sich die Lage beruhigt hatte, konnte die Demonstration ungehindert starten und anschließend weitgehend friedlich verlaufen.
Im Demonstrationsaufruf betont das Bündnis, dass Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht "unerbittlich den deutschen Militarismus", Krieg und Kapitalismus bekämpft haben und sich "für eine ausbeutungsfreie, friedliche Gesellschaft" einsetzten. Der Aufruf schlägt auch eine Brücke in die Gegenwart:
"Der Kapitalismus darf nicht das letzte Wort der Geschichte sein. Nicht dem US-Imperialismus und der NATO, nicht einer zunehmend militarisierten EU, nicht einem imperial wiedererstarkenden Deutschland darf das letzte Wort überlassen werden. So schwer es auch ist, in Anbetracht der täglichen Nachrichten nicht zu ermatten."
Die Luxemburg-Liebknecht-Demonstration wird seit 1996 von einem breiten Bündnis aus unterschiedlichen linken und sozialistischen Gruppen organisiert.