Bereits jetzt ist abzusehen, dass der Lockdown in Deutschland inklusive Kontaktbeschränkungen ab dem 10. Januar verlängert wird. Doch in verschiedenen Branchen, die durch die erzwungenen Geschäftsschließungen in ihrer Existenz bedroht sind, regt sich allmählich Widerstand gegen die Maßnahmen: Im Internet organisieren sich zahlreiche Selbstständige, die ihre Läden ab dem 11. Januar trotzdem öffnen und damit eine Form von "zivilen Ungehorsam" zeigen wollen. In der Telegram-Gruppe "Wir machen auf – Kein Lockdown mehr" versammelten sich innerhalb von 24 Stunden knapp 50.000 interessierte Personen – und die Gruppe wächst stetig weiter. In der erst am Samstag gegründeten Gruppe heißt es:
"Gewerbetreiber, Gastro, Einzelhandel, Kosmetik, Friseur... Ab dem 11. Januar öffne ich die Türen. Eine weitere Verlängerung wird nicht mehr akzeptiert."
Der Messenger-Dienst Telegram ist seit geraumer Zeit bei Kritikern der Corona-Maßnahmen beliebt, da es bei Telegram – im Gegensatz zu Youtube oder Facebook – je nach Sichtweise keine "Community-Richtlinien" beziehungsweise Zensur gibt. Auf der zugehörigen Webseite coronapedia.de existiert ein entsprechendes Forum, in dem der "wilde" Ausstieg aus dem Lockdown diskutiert werden kann.
Auf Twitter schlug der Hashtag #WirMachenAuf hohe Wellen. Zahlreiche Unterstützer forderten Solidarität mit den Unternehmern. Bald bildete sich aber auch eine Gegenbewegung unter dem Hashtag #WirMachenEuchDicht, die die geplanten Öffnungen scharf verurteilte und die Beteiligten in gewohnter Weise als "COVIDioten" diffamierte.
In den Beiträgen zu "Wir machen auf" wird deutlich, wie viel Verzweiflung und Wut aufgrund des von Bund und Ländern beschlossenen Lockdowns und der zu erwartenden Verlängerung bei den betroffenen Selbstständigen herrscht. In einem Beitrag heißt es: "Die Rechtlage sollte und darf kein Grund sein, bei dieser Aktion nicht mitzumachen". Ein Betroffener erklärt in einem anderen Beitrag:
"Was wäre die Alternative? Konkurs durch Verbote und Einschränkungen? Sollte man da nicht lieber das Risiko einer Geldstrafe eingehen, die auch noch rechtlich angefochten werden kann?"
Doch der stetig wachsende "zivile Ungehorsam" betrifft nicht nur den Einzelhandel: Am Wochenende gab es einen regelrechten Ansturm auf Deutschlands Wintersportgebiete. Trotz des Lockdowns und zahlreicher Warnungen hatten sich am Wochenende Massen von Ausflüglern in verschneite Bergregionen bundesweit aufgemacht. Obwohl Skilifte, Hotels und Restaurants geschlossen sind, ignorierten zahlreiche Ausflügler die Warnungen und drängten sich dennoch auf den verschneiten Rodelbergen. Vielerorts kam es deswegen am Wochenende zu kilometerlangen Staus, zahlreiche Autos blieben liegen.
Da sich viele Menschen nicht an die Corona-Regelungen hielten, hatte die Polizei für zahlreiche Orte wie dem nordhessischen Wintersportort Willingen Betretungsverbote verhängt. Bürgermeister Thomas Trachte (parteilos) teilte am Montag mit, dass man "aufgrund der Erfahrung keine andere Lösung sehe". Der Landkreis arbeite an einer Verfügung auf Grundlage des Infektionsschutzrechts aufgrund der Corona-Gesundheitskrise. Ordnungsamt und Polizei sollen das Verbot dann durchsetzen. In Thüringen plant Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) aufgrund dessen, den Bewegungsradius der Thüringer auf 15 Kilometer einzuschränken.
In Nürnberg, der Heimatstadt von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich bekanntermaßen für eine Verlängerung des Lockdowns aussprach, kam es am Sonntag zu einer Demonstration von Gegnern der Corona-Maßnahmen. Am Abend versammelten sich nach Polizeiangaben bis zu 300 Demonstranten auf dem Hauptmarkt und skandierten "Söder muss weg" und "Wir wollen keine Diktatur". Die Polizeibeamten waren mit einem großen Aufgebot präsent, doch die Demo verlief nach Angaben der Behörden weitestgehend friedlich, da es sich bei den Teilnehmern zum großen Teil um Familien mit Kindern und Friedensaktivisten handelte und nicht um gewaltbereite "Corona-Leugner" und Reichsbürger, wie dies bei den "Querdenken"-Demonstrationen im Sommer von den Mainstreammedien suggeriert wurde.
Eine Frau sagte in Nürnberg zum Beispiel, sie "wolle für die Menschen beten, da man in der Corona-Krise verstärkt auf Sinnsuche sei". Am frühen Abend fand eine Gegendemonstration unter dem Motto "Pro Infektionsschutzmaßnahmen" statt. Laut Einsatzleiter Herbert Donner sei es, "abgesehen von einer Auseinandersetzung zwischen Gegendemonstranten und den Kritikern der Corona-Maßnahmen", zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen.
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