Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Bundesbürger in ihrer voraussichtlich letzten Neujahrsansprache im Amt auf weitere Belastungen in der Corona-Krise eingestimmt. Laut dem vorab veröffentlichten Redetext sagte die Kanzlerin:
"Diese Tage und Wochen, da gibt es nichts zu beschönigen, sind schwere Zeiten für unser Land. Und so wird es auch noch eine ganze Weile bleiben."
Es werde noch eine ganze Zeit an den Bürgern liegen, wie Deutschland durch die Pandemie komme: "Der Winter ist und bleibt hart."
Einmal mehr nannte die Kanzlerin die Impfung das "wirksamste Mittel" – und forderte die Bürger dazu auf, sich an die Regeln zu halten, dabei sprach sie immer wieder von "wir" und "uns":
"Die neben dem Impfstoff wirksamsten Mittel haben wir selbst in der Hand, indem wir uns an die Regeln halten, jeder und jede von uns."
Sie sei immer wieder dankbar, wie diszipliniert die allermeisten Menschen Masken trügen und sich um Abstand bemühten.
Hoffen, so Merkel, ließen sie die nun angelaufenen Impfungen zunächst bei alten Menschen und Personal im Gesundheits- und Pflegesektor: "Tagtäglich werden es mehr, schrittweise werden andere Alters- und Berufsgruppen dazukommen – und dann alle, die es möchten". Auch sie selbst werde sich impfen lassen, "wenn ich an der Reihe bin".
Die Corona-Krise beschrieb die Kanzlerin als "Jahrhundertaufgabe", wie üblich ohne zwischen der Wirkung des Virus und der staatlichen Maßnahmen zu unterscheiden:
"2020 ist etwas über uns gekommen, womit die Welt nicht gerechnet hatte. Ein bis dahin unbekanntes Virus dringt in unsere Körper und unsere Leben ein. Es trifft uns da, wo wir am allermenschlichsten sind: im engen Kontakt, in der Umarmung, im Gespräch, beim Feiern ... Die Coronavirus-Pandemie war und ist eine politische, soziale, ökonomische Jahrhundertaufgabe. Sie ist eine historische Krise, die allen viel und manchen zu viel auferlegt hat."
Die Kanzlerin erinnerte an die Opfer der Krise und nutzte die Gelegenheit, um die angeblichen "Corona-Leugner", zu denen sie auch die Kritiker der Maßnahmen zählen dürfte, als gefährlich und grausam zu diffamieren:
"Wir dürfen als Gesellschaft nicht vergessen, wie viele einen geliebten Menschen verloren haben, ohne ihm in den letzten Stunden nah sein zu können ... Ich kann nur ahnen, wie bitter es sich anfühlen muss für die, die wegen Corona um einen geliebten Menschen trauern oder mit den Nachwirkungen einer Erkrankung sehr zu kämpfen haben, wenn von einigen Unverbesserlichen das Virus bestritten und geleugnet wird. Verschwörungstheorien sind nicht nur unwahr und gefährlich, sie sind auch zynisch und grausam diesen Menschen gegenüber."
Die Kanzlerin erklärte in einer persönlichen Anmerkung, dass dies "aller Voraussicht nach" ihre letzte Neujahrsansprache sei. Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 tritt Merkel nach 16 Jahren im Amt nach gegenwärtigem Stand nicht noch einmal an. Am Ende ihrer Ansprache blickte die Kanzlerin zurück – und nach vorn:
"Ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Nie in den letzten 15 Jahren haben wir alle das alte Jahr als so schwer empfunden – und nie haben wir trotz aller Sorgen und mancher Skepsis mit so viel Hoffnung dem neuen Jahr entgegengesehen."
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