Bremer Epidemiologen: Mangelnde Datenerfassung erschwert Erforschung von Impfnebenwirkungen

Die Impfverordnung sieht vor, dass Daten zu Corona-Impfungen direkt dem Robert Koch-Institut übermittelt werden. Sie sollen nicht auf der Gesundheitskarte gespeichert werden. Epidemiologen aus Bremen kritisieren, dass damit Studien zu Nebenwirkungen behindert werden.

Die Datenerfassung der Corona-Impfungen, wie sie vom Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn (CDU) in der aktuellen Impfverordnung vorgesehen ist, erschwert die Kontrollmöglichkeit von Impfnebenwirkungen. Nach Angaben von Radio Bremen kritisieren die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie und andere Fachgesellschaften, dass "wichtige Daten vor allem für Langzeitbeobachtungen und Studien zu Nebenwirkungen verloren gehen".

Die Impfverordnung sieht vor, dass von den geimpften Personen folgende Daten erhoben werden:

Die Daten werden über ein elektronisches Meldesystem direkt an das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet. Sie werden nicht auf der Gesundheitskarte gespeichert.

Ulrike Haug, Epidemiologin und Leiterin des Instituts für Klinische Epidemiologie am Bremer Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, hat zusammen mit anderen Ärztekollegen einen Offenen Brief an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben. Darin formuliert sie die Befürchtung eines "großen Verlusts" von Daten.

Das Robert Koch-Institut könne mit den vorhandenen Daten zwar Beobachtungen zu Nebenwirkungen machen, es könnten aber keine Vergleiche zwischen geimpften und ungeimpften Personen gezogen werden. Eine wesentliche medizinisch-wissenschaftliche Kontrollmöglichkeit sei damit auf lange Sicht nicht vorhanden.

"Das Schnellmeldesystem (…) generiert Vermutungen, Hypothesen, denen man schnellstmöglich nachgehen muss. Und da komme ich zu der zweiten Datenbasis, die mir derzeit noch fehlt: Nämlich eine Datenbasis, mit der man möglichst schnell dann diesen Vermutungen nachgehen kann. Und dazu braucht man den Vergleich von Geimpften und nicht-Geimpften."

Haug und ihre Kollegen fordern, alle Daten müssten auf der Gesundheitskarte gespeichert werden. Dafür müssten die Impfzentren lediglich mit einem Kartenlesegerät ausgestattet werden. Die technische Umsetzbarkeit solle problemlos möglich sein.

Das Bundesgesundheitsministerium lehnt diesen Vorschlag jedoch ab. Auf eine Anfrage von Radio Bremen antwortet das Ministerium, dass eine Datenerfassung über die Gesundheitskarten nicht notwendig sei: "Aus einem Vergleich des Anteils Geimpfter unter den COVID-19-Meldefällen mit dem Anteil Geimpfter in der Bevölkerung kann man dann grob die Effektivität der Impfung schätzen." Auf mögliche Studien zu Impfnebenwirkungen geht das Ministerium nicht ein.

Epidemiologin Haug sieht in der mangelnden Faktenlage einen der Hauptgründe für ein schwindendes Vertrauen der Bevölkerung in die Corona-Impfstoffe:

"Den Vertrauensverlust, den fürchte ich. Und das ist dann, wenn man keine Fakten in der Hand hat, schwer in den Griff zu bekommen."

Nur wenn man ausreichend Fakten habe zu den Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe, könne man tatsächlich fundierte Aussagen treffen. Haug und ihre Kollegen appellieren daher an das Bundesgesundheitsministerium, die Daten zu erheben und über die Gesundheitskarten der Forschung verfügbar zu machen.

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