PCR-Testhersteller räumt ein: Hälfte der positiv Getesteten ist möglicherweise nicht infektiös

Olfert Landt, Geschäftsführer eines Herstellers für PCR-Tests, räumte in einem Interview ein, dass die Tests keine Aussage über die Infektiosität der getesteten Person liefern. Möglicherweise könnte die Hälfte der positiv auf SARS-CoV-2 Getesteten nicht infektiös sein.

In den vergangenen Wochen mehrten sich erneut Zweifel an der Sinnhaftigkeit von PCR-Tests, die in der Corona-Krise genutzt werden, um "Neuinfektionen" zu erfassen. Dabei ist bekannt, dass ein positiver PCR-Test keine Aussage über die Infektiosität und die Ansteckungsgefahr liefert. Nun hat einer der Hersteller der Tests, Olfert Landt, selbst eingeräumt, dass PCR-Tests keine Aussage über die Infektiosität liefern. Landt ist Geschäftsführer des Unternehmens TIB Molbiol, das PCR-Tests produziert – derzeit etwa zwei Millionen pro Woche. Er betonte gegenüber der Fuldaer Zeitung zwar, dass er die PCR-Tests nach wie vor für eine geeignete Methode halte, um die Corona-Lage zu überwachen. Auch der oft geäußerte Verdacht, dass die Tests auf andere verwandte Viren anspringen, sei Landt zufolge "Quatsch".

Allerdings heißt nach Aussage Landts ein positives Testergebnis nicht, dass die getestete Person auch ansteckend ist:

"Wir wissen, dass Leute mit einer geringen Viruslast nicht infektiös sind."

Dem Testhersteller zufolge könnte sogar die Hälfte aller positiv getesteten Personen nicht infektiös sein. Damit man eine Ansteckungsgefahr für andere Personen darstelle, müsse man "100-mal mehr Viruslast in sich tragen als die Nachweisgrenze der Tests".

Landt spricht sich deshalb auch für ein Umdenken bei den Behörden aus. Es wäre "klug, wenn man die Testergebnisse mit einer Bewertung herausgeben würde". Wenn eine Person positiv auf das Coronavirus getestet wurde, aber gar nicht oder auch nur wenig infektiös sei, könnten sich die Behörden aussprechen, dass Kontakte vermieden werden sollen. Eine Quarantäne solle man nur dann anordnen, wenn die Ansteckungsgefahr hoch sei, so Landt. In der Öffentlichkeit "traut man sich dies jedoch nicht", diesbezüglich würde er sich – auch vom Robert Koch-Institut – "mehr Mut wünschen".

Die Bundesregierung sieht darin jedoch offenbar kein Problem. Der Sprecher des Bundesministeriums für Gesundheit, Hanno Kautz, erklärte auf der Bundespressekonferenz am Montag, als er auf diesen Sachverhalt angesprochen wurde, dass man eine "Balance" finden müsse zwischen der Vorsicht, die man walten lässt, und den Maßnahmen, die man trifft:

"Man wird sicherlich den einen oder anderen positiv getestet haben und in Quarantäne schicken, der nicht infektiös ist. Aber durch die Anamnese, die stattfindet, wenn es darum geht, wann infiziert wurde und wann man dem Virus gegenüber exponiert war, kann man eigentlich ziemlich sicher sein, dass eine große Zahl mit den PCR-Tests richtig liegt."

Dabei empfiehlt selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO mittlerweile, neben den Testergebnissen auch die klinischen Anzeichen und Symptome zu berücksichtigen. Nachdem die Organisation zahlreiche Rückmeldungen von Nutzern über ein "erhöhtes Risiko für falsche SARS-CoV-2-Ergebnisse beim Testen von RT-PCR-Reagenzien" erhalten hatte, wies sie in einem Informationsblatt für die Benutzer von In-vitro-Diagnostika darauf hin, dass "die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit einem positiven Ergebnis (SARS-CoV-2 nachgewiesen) tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert ist, mit abnehmender Positivitätsrate sinkt".

Anwender von RT-PCR-Reagenzien sollten die Gebrauchsanweisung daher sorgfältig lesen, um festzustellen, ob eine manuelle Anpassung des PCR-Zyklusschwellenwertes (Ct-Wert) erforderlich ist. Dadurch könne man auch Fehler "durch ein etwaiges Hintergrundrauschen berücksichtigen, das dazu führen kann, dass eine Probe mit einem hohen Zyklusschwellenwert als positives Ergebnis interpretiert wird".

Beim Verfahren der RT-PCR (Reverse Transkriptase Polymerase Kettenreaktion) wird das Coronavirus nicht direkt, sondern nur genetische Segmente des Virus nachgewiesen. Die Segmente werden dabei mit einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) in mehrere Zyklen immer wieder verdoppelt: Ist am Anfang ein Virenfragment vorhanden, so sind es im ersten Zyklus zwei, im zweiten vier, im dritten acht und so weiter, bis zum Auftreten eines positiven Signals. Damit können schon geringe Mengen der molekularen Genfragmente von SARS-CoV-2 detektiert werden.

Dieses Konstruktionsprinzip der RT-PCR bedeute, so die WHO, dass bei Patienten mit hohen Mengen an zirkulierendem Virus relativ wenige Zyklen für den Virusnachweis erforderlich sind und der Ct-Wert daher niedrig sein wird. Umgekehrt bedeute ein hoher Ct-Wert bei Proben, dass viele Zyklen für den Virusnachweis erforderlich waren.

"Unter bestimmten Umständen ist die Unterscheidung zwischen Hintergrundrauschen und dem tatsächlichen Vorhandensein des Zielvirus schwer festzustellen."

In den Gebrauchsanweisungen sollte daher angegeben sein, wie Proben am oder nahe dem Grenzwert für PCR-Positivität zu interpretieren sind. In einigen Fällen werde in der Gebrauchsanweisung auch empfohlen, den Grenzwert manuell anzupassen, um Fehler zu vermeiden. Daher sollte dieser auch an den anfragenden Gesundheitsdienstleiter weitergeleitet werden. In den frühen Phasen der Corona-Krise wurden In-vitro-Diagnostika nach den Informationen der WHO schnell entwickelt, validiert und verifiziert und dann in den Markt eingeführt. Daher sei es nicht überraschend, dass Diagnostika nach ihrer Einführung im großen Maßstab eine "Verfeinerung" auf der Grundlage von Benutzerfeedback benötigen. Daher sollten die Nutzer der Technik bei jeder neuen Sendung überprüfen, ob es Änderungen in der Gebrauchsanweisung gibt. Außerdem solle man neben dem Testergebnis auch klinische Beobachtungen, Symptome und die Patientengeschichte berücksichtigen.

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