"Arbeitshetze" trotz Milliardengewinne – Streik an sechs Amazon-Standorten in Deutschland

Amazon-Beschäftigte streiken an sechs Standorten in Deutschland. Sie fordern die Anerkennung der Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels. Laut der Gewerkschaft ver.di verweigert der US-Konzern eine tarifvertragliche Bezahlung – trotz enorm gestiegener Gewinne.

Seit dem frühen Morgen am 21. Dezember streiken Amazon-Beschäftigte an sechs Standorten in Deutschland. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di nehmen rund 1.700 Beschäftigte an den Streiks teil. Betroffen sind die Standorte in Bad Hersfeld (Hessen / zwei Standorte), Koblenz, Leipzig, Rheinberg und Werne (beide NRW). Die Streiks sollen bis Heiligabend dauern. Amazon teilte mit, die Aktion habe keine Auswirkungen auf die Kundenlieferungen.

Die Beschäftigten fordern nach Angaben der Gewerkschaft ver.di "die Anerkennung der Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels sowie den Abschluss eines Tarifvertrages für gute und gesunde Arbeit".

Amazon erklärte zu den Streikvorhaben, dass die Mitarbeiter des Unternehmens bereits "von exzellenten Löhnen, exzellenten Zusatzleistungen und exzellenten Karrierechancen" profitierten. Allerdings lehnt das Unternehmen eine Einstufung der Beschäftigten in den Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels ab, da die betroffenen Standorte von der Unternehmensführung der Logistik und nicht dem Einzelhandel zugerechnet werden. Damit sind die Mitarbeiter dort von den Regelungen und Vergünstigungen ausgenommen.

Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied, kritisiert diese Unternehmenspolitik von Amazon:

"Die Schließung des stationären Einzelhandels in der vergangenen Woche hat das Bestellaufkommen bei Versandhändlern wie Amazon noch einmal deutlich gesteigert. Während der Konzern seine Milliardengewinne weiter erhöht, verweigert er den Beschäftigten eine tarifvertragliche Bezahlung. Das sind Mindestbedingungen."

Nutzenberger berichtet von gesteigertem Druck, den die Mitarbeiter von Amazon ausgesetzt seien, da "Amazon trotz der zusätzlichen Arbeitshetze Lieferversprechungen macht". Diese Praxis gehe "unweigerlich auf Kosten der Gesundheit der Belegschaft". Zudem verweist sie auf die gestiegenen Gewinne des Konzerns in den vergangenen Monaten.

Seit dem Beginn der Corona-Krise hat das US-Unternehmen die höchsten Gewinne seiner Geschichte eingefahren. Im dritten Quartal des Jahres 2020 stiegen die Umsätze von Amazon im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent auf 96,1 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn verdreifachte sich dabei auf einen Rekordwert von 6,3 Milliarden US-Dollar. Und für das vierte Quartal 2020 rechnet das Unternehmen mit einem neuen Rekordumsatz von bis zu 120 Milliarden US-Dollar.

In den Monaten Oktober und November 2020 kauften Verbraucher in Deutschland laut dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel im Oktober für 17,4 Milliarden Euro online ein. Das ist eine Steigerung von 17,5 Prozent im Vergleich zu Oktober / November 2019.

Nutzenberger macht deutlich, dass es bei Amazon und dessen Chef Jeff Bezos nicht an finanziellen Möglichkeiten mangele. Bezos gilt mittlerweile als der reichste Mensch der Welt – mit einem geschätzten Vermögen von 121 Milliarden US-Dollar, 16 Milliarden US-Dollar mehr als Bill Gates.

"Bei Amazon reden wir von einem Unternehmen, das sich in der aktuellen Krise eine goldene Nase verdient. Der Chef des größten Online-Versandhändlers, Jeff Bezos, war schon vorher der reichste Mann der Welt."

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