Bei der Befragung der Bundesregierung an diesem Mittwoch ging Bundeskanzlerin Angela Merkel auch auf Fragen zu den deutsch-russischen Beziehungen ein.
AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla, der angab, sich in der vergangenen Woche mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow getroffen zu haben, fragte, wie die Strategie der Regierung – inklusive eines Zeitplans – für konstruktive Gespräche zur Normalisierung der deutsch-russischen Beziehungen aussehe. Chrupalla beklagte dabei auch, dass die deutsche Ratspräsidentschaft bisher relativ wenig dazu beigetragen habe.
Merkel entgegnete, sie glaube nicht, dass es eines Neustarts in den Beziehungen bedürfe.
"Wir haben ein hohes Maß an Kontinuität. Was Nord Stream anbelangt, ist die Position der Bundesregierung vollkommen unverändert, wie sie es auch in den letzten Jahren war."
Die Bundesrepublik schaffe die strukturellen Rahmenbedingungen, damit das regional- und energiepolitisch bedeutsame, internationale Wirtschaftsprojekt Nord Stream 2 auch fertiggestellt werden könne.
Die Bundeskanzlerin fügte jedoch hinzu:
"Wir können aber nicht darüber hinwegsehen – es wäre bedauerlich, wenn Sie nicht darüber mit dem russischen Außenminister gesprochen hätten –, dass wir doch ein schwerwiegendes Ereignis in Bezug auf Herrn Nawalny hatten, dass wir Vorgänge im Kleinen Tiergarten hier in Berlin hatten, die im Augenblick vom Herrn Generalbundesanwalt aufgeklärt werden."
Es gebe auch wenig Fortschritte beim Minsker Prozess, weshalb die Russland-Sanktionen auf dem letzten europäischen Ratsgipfel noch einmal verlängert worden seien.
"Man muss auf der einen Seite sehen, dass es uns ein Wunsch ist, gute strategische Beziehungen mit Russland zu haben. (...) Das darf uns aber nicht die Augen davor verschließen lassen, was die Realitäten sind."
In dieser Kombination von Ambition und guter Betrachtung der Realitäten habe Deutschland eine sehr kontinuierlich Russland-Politik, so Merkel.
Auf die Frage Chrupallas, ob die Bundesregierung das unter anderem von Präsident Putin vorgeschlagene und auch von der deutsch-russischen Auslandshandelskammer befürwortete Konzept eines gemeinsamen Wirtschaftsraums von Lissabon bis Wladiwostok realisiere, erwiderte Merkel, sie sei immer sehr dafür gewesen – gerade auch in den Handelsbeziehungen –, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum ins Auge zu fassen.
Allerdings sei sie bei den Verhandlungen mit Russland über die Assoziierung der Ukraine an die Europäische Union nicht besonders weitergekommen, "weil sich von russischer Seite wenig Bewegung gezeigt hat, die notwendigen Zollfragen zu klären, und weil der russische Präsident ein Prä für seine eigenen Wirtschaftsräume gegeben" habe, so die Bundeskanzlerin abschließend.
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