Zum zweiten Mal in diesem Jahr wird das öffentliche Leben in Deutschland drastisch eingeschränkt. Am Mittwoch hat der sogenannte harte Lockdown begonnen. Abgesehen von Lebensmittelläden und anderen Geschäften für den täglichen Bedarf ist der Einzelhandel nun vorerst bis zum 10. Januar geschlossen. Auch Schulen und Kitas bleiben weitgehend zu.
Offen bleiben dürfen etwa:
- Einzelhandel für Lebensmittel
- Wochenmärkte für Lebensmittel
- Abhol- und Lieferdienste
- Getränkemärkte
- Apotheken
- Drogerien
- Sanitätsgeschäfte
- Physiotherapiepraxen
- Banken, Sparkassen und Poststellen
- Optiker und Hörgeräteakustiker
- Tankstellen, Kfz-Werkstätten und Fahrradwerkstätten
- Reinigungen und Waschsalons
- Zeitungsverkauf
- Tierbedarfsmärkte und Futtermittelmärkte
- Weihnachtsbaumverkauf
Schließen müssen etwa Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoostudios. Fitnessstudios, Restaurants, Cafés, Freizeit- und Kultureinrichtungen sind bereits seit dem 3. November zu. Gastronomische Einrichtungen dürfen lediglich einen Außer-Haus-Verkauf anbieten.
Einschränkungen gibt es auch bei privaten Treffen. So sollen jene auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, in jedem Fall auf maximal fünf Personen begrenzt bleiben. Kinder bis einschließlich 14 Jahren sind von der Regelung ausgenommen. Nur über die Weihnachtsfeiertage vom 24. bis 26. Dezember gibt es in einigen Bundesländern Lockerungen.
So werden etwa Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen zuzüglich Kindern im Alter von bis zu 14 Jahren aus dem engsten Familienkreis zugelassen sein. Dieser engste Familienkreis umfasst Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörigen, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände oder fünf Personen über 14 Jahren bedeutet.
Allgemein wird appelliert, auf Reisen im In- und ins Ausland möglichst zu verzichten. In den besonders vom Coronavirus betroffenen Alten- und Pflegeheimen werden nun Pflichttests eingeführt. "Mehrmals pro Woche" sollten die Tests stattfinden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Bereits im November verhängte Einschränkungen gelten zudem weiterhin
Bisherige Einschränkungen bleiben zudem in Kraft. So muss jede Person in öffentlich zugänglichen, geschlossenen Räumen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, ebenso in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch an Arbeitsplätzen gilt grundsätzlich Maskenpflicht, falls der Abstand von 1,5 Metern zu anderen nicht eingehalten werden kann.
Mit den nun geltenden harten Einschränkungen wollen Bund und Länder demnach erreichen, dass die Welle der täglich neu registrierten Zahlen an positiven Corona-Befunden gebrochen wird. Ziel ist es, die Zahl positiv getesteter Fälle pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche auf maximal 50 zu bringen, um die Kontaktnachverfolgung wieder möglich zu machen. Damit soll auch verhindert werden, dass die Kliniken überlastet werden, insbesondere die Intensivstationen. Am Mittwoch lag die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz laut Daten des Robert Koch-Instituts bei 179,8.
Ob der nun verhängte Lockdown tatsächlich am 10. Januar beendet wird und bis wann die Einschränkungen anhalten sollen, ist unklar. Am 5. Januar wollen Bund und Länder über die weitere Marschroute beraten.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, rechnet etwa damit, dass Einschränkungen noch über Monate notwendig sein werden. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte er:
"Auch wenn die Impfungen jetzt früher beginnen als erwartet, wird der Effekt nur allmählich zu einer Verbesserung der Lage beitragen. Wir werden mindestens noch bis Ostern mit verschiedenen Lockdown-Maßnahmen leben müssen."
Laut Gesundheitsminister Jens Spahn könnte es auch in Deutschland nächste Woche mit den Impfungen losgehen. Der CDU-Politiker bezeichnete es als sehr gutes Signal, dass nach heutigem Stand noch vor Heiligabend der erste Impfstoff in der EU zugelassen werden dürfte. Danach könne man innerhalb von zwei bis vier Tagen mit dem Impfen beginnen, sagte er am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen. Bundesweit sollen bis zu 440 Standorte – wie etwa Messehallen, Sportzentren oder Hotels – dafür genutzt werden können, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.
In Deutschland seien die Impfzentren und Impfstrukturen nun einsatzbereit. In einem ersten Schritt könnten nach der Zulassung "um die 400.000 Dosen ausgeliefert werden". Pro Person werden zwei Dosen benötigt. Geimpfte sollen laut Spahn die Möglichkeit bekommen, Wirkungen und Nebenwirkungen per App zu melden.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Dienstag angekündigt, dass sie schon am 21. Dezember ihr Gutachten über den Impfstoff des Mainzer Unternehmens BioNTech und seines US-Partners Pfizer vorlegen will – also acht Tage früher als bisher in Aussicht gestellt. Formell muss dann noch die EU-Kommission zustimmen. Das gilt als Formsache und könnte auch innerhalb eines Tages erfolgen. Damit wäre der Weg frei für den Beginn von Massenimpfungen in allen EU-Mitgliedsstaaten.
Zunächst werde Deutschland den Impfstoff wie vereinbart aus den europäischen Verträgen bekommen, sagte Spahn. Dies seien bis Ende des ersten Quartals elf bis 13 Millionen Impfdosen. Später kämen dann die Lieferungen hinzu, die man bilateral mit den Herstellern vereinbart habe. Dies seien allein von BioNTech 20 Millionen Dosen zusätzlich. Spahn geht davon aus, dass bis Ende des nächsten Sommers rund 60 Prozent der Bürger in Deutschland geimpft sein könnten. Laut Experten ist eine Rate von 60 bis 70 Prozent für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie nötig.
Mehr zum Thema - Impfzentren: Weiterhin Unklarheiten bei der Frage, wer zuerst geimpft werden soll
(rt/dpa)