Es ist schwer, mit dem Tempo mitzuhalten, mit dem der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach seine neuesten Informationen mit der Öffentlichkeit auf dem Kurznachrichtendienst Twitter teilt. Eines gilt jedoch als sicher: Wenn es etwa nach der Anzahl an Talkshoweinladungen oder Artikeln über seine Vorschläge und Ideen geht, ist er sicherlich einer der potentesten Corona-Experten, die Deutschland zu bieten hat.
Zuletzt reihte er sich erneut in die Riege der bekannten Polit-Persönlichkeiten ein, die härtere Corona-Auflagen forderten:
"Eine sehr deutliche Verschärfung ist m. E. schnellstens in ganz Deutschland notwendig. Wir fangen an, uns an fast 500 Tote am Tag zu gewöhnen, das sind aber vermeidbare Einzelschicksale. Bis Ende Januar 25.000 Tote, einfach viel zu viel, unverantwortbar", schrieb der Mediziner auf Twitter.
Mit seiner neuesten Warnung fährt der SPD-Politiker nun schwere Geschütze auf, die in den Reihen der dem Corona-Virus trotzenden männlichen Zeitgenossen für erhebliche zusätzliche Unruhe sorgen könnten. So erklärte er, dass Potenzprobleme eine weitere Komplikation von COVID-19 sein könnten.
"Eine weitere Komplikation von COVID dürften Potenzprobleme sein, weil die Infektion die Endothelfunktion dauerhaft beschädigen kann. Aus rein physiologischer Sicht wäre das Gegenteil die Überraschung. Das ist auch für junge Menschen nicht unerheblich", so Lauterbach.
Das Endothel ist eine dünne Schicht aus Endothelzellen, die das Innere (Lumen) von Blutgefäßen auskleidet. Es dient als Barriere zum Gewebe, produziert aber z. B. auch Stickstoffmonoxid, welches der Regulation im Herz-Kreislauf-System dient. Somit wirkt sich jede Störung mit Einfluss auf das kardiovaskuläre System potentiell negativ auf die männliche Potenz aus – was Lauterbach indirekt selbst in seinem Tweet einräumt.
Zu seinem Tweet verlinkt er eine Analyse des US-amerikanischen National Institute of Health:
"Obwohl die Erektion natürlich eine triviale Angelegenheit für Patienten auf Intensivstationen ist, besteht Grund zu der Annahme, dass die beeinträchtigte Gefäßfunktion bei COVID-19-Überlebenden fortbestehen und in den Folgemonaten sogar zu einem Problem der öffentlichen Gesundheit werden könnte", heißt es in dem Papier.
Zudem verwiesen "in den letzten Jahrzehnten gesammelten solide Beweise" darauf, dass die erektile Funktion ein hervorragender Indikator für die systemische Gesundheit im Allgemeinen und die vaskuläre Leistungsfähigkeit im Besonderen sei.
Soweit ist wenig überraschend also, was den Zusammenhang zwischen der kardiovaskulären Gesundheit und der möglichen Entwicklung von Potenzproblemen anbelangt. Doch anders als Lauterbach verfolgt das Papier einen breiteren Ansatz bei der Analyse der Potenzgefahr.
Es wird etwa darauf verwiesen, dass im Zuge der postulierten Pandemie "mit erhöhten Raten von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTSD), Depressionen und Angstzuständen in der Allgemeinbevölkerung" zu rechnen sei.
So könne, heißt es weiter, eine Parallele zwischen den psychologischen Folgen von COVID-19 "und den Folgen ähnlicher Katastrophen wie den Anschlägen vom 11. September oder Erdbeben" gezogen werden. Dies mache ähnliche kurz- und langfristige Behandlungsstrategien erforderlich, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten.
"Isolation und die Krankheit an sich sind beides Ursachen für Stress; während nur eine Minderheit von Menschen anfälliger für psychologische Traumata sein mag, besteht kein Zweifel daran, dass die meisten Menschen nach Isolation, sozialer Distanzierung, dem Verlust von Verwandten und Freunden, Schwierigkeiten bei der Medikamentenbeschaffung sowie den offensichtlichen wirtschaftlichen Folgen der Isolation ein gewisses Maß an emotionalem Stress empfinden würden", wird festgehalten.
All diese Faktoren seien der reproduktiven Gesundheit ebenfalls alles andere als zuträglich. Es ist ein Themenkomplex, dem sich der SPD-Politiker Lauterbach bislang noch nicht öffentlichkeitswirksam angenommen hat.
Mehr zum Thema - Palmer will Corona-Flop-App zur Pflicht machen – Lauterbach wittert Gefahr von Fäkal-Aerosolen