Die Corona-Krise hat das Land so fest im Griff wie eh und je. Um demnach die Bevölkerung vor "Corona" zu schützen, ergreift die Bundesregierung Maßnahme um Maßnahme. Doch kaum jemand an den Schaltstellen der Macht scheint sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, ob die verordnete Medizin nicht gefährlicher ist als die Krankheit selbst. Die mit den Einschränkungen und Lockdowns einhergehenden Kollateralschäden werden nirgends systematisch und offiziell erfasst.
Und es sind gerade die verletzlichsten und schutzbedürftigsten Mitglieder der Gesellschaft, die offensichtlich zusehends unter die Räder zu kommen scheinen. Dies geht zumindest aus der internationalen Studie COVID KIDS hervor. Sie wurde von Forschern der Universitäten Tübingen und Luxemburg online durchgeführt. Die Forscher befragten 3.000 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren aus Deutschland, Brasilien, Luxemburg und der Schweiz zu ihren Erfahrungen in der Corona-Krise. Die Befragung fand von Mai bis Juli 2020 statt.
Die Ergebnisse sind mehr als ernüchternd und sollten den Entscheidungsträgern zu denken geben.
Diese sorgten sich zuletzt vor allem etwa um eine mutmaßliche "Untertestung" bei Kindern.
Das Fazit der Kinder- und Jugendärzte: Es gibt keine ausgeprägte Untertestung von Kindern – also keine höhere Dunkelziffer als bei den Erwachsenen. Das wurde immer wieder vermutet, weil Kinder bei einer COVID-19-Erkrankung häufiger symptomfrei bleiben", hielt etwa der Spiegel jüngst fest.
Es gelte, die Kollateralschäden bei Schulschließungen zu bedenken.
Es gibt einen internationalen Konsens, dass Schulen und Kinder nicht der Hauptfaktor für die Übertragung von COVID-19 sind. Und Kollateralschäden für Kinder durch Schulschließungen sind viel schwerwiegender als die Gefahr durch COVID in den Schulen", wird zudem der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, Johannes Hübner, zitiert.
In der Tat sind es die Kinder und Jugendlichen, die auch während der Corona-Krise keine Lobby haben – und dies, obwohl sie durch die bereits allenthalben spürbaren Kollateralschäden die mit am stärksten Leitragenden sind. Konzepte wie Hybridunterricht, Kleingruppen und sogenannte Freiarbeit scheinen alles andere als im Sinne der jungen Menschen zu sein.
Das Augenmerk auf das Befinden der Kinder selbst zu richten, erscheint daher sinnvoll.
Es war uns wichtig, die Kinder selbst zu Wort kommen zu lassen", erklärte der Kindheitsforscher Sascha Neumann zum Hintergrund der internationalen Studie.
Methodisch orientierte sich die Studie am Konzept des subjektiven Wohlbefindens, also nach Gefühlen und Sorgen der Kinder und Jugendlichen.
Für die Zeit vor der Pandemie gaben 95 der befragten Kinder und Jugendlichen in Deutschland an, zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrem Leben gewesen zu sein. Für die Zeit während der "Pandemie nationaler Tragweite" sei dieser Wert auf 53 Prozent gefallen.
Ein besonders beunruhigendes Ergebnis ist, dass mehr als die Hälfte der befragten deutschen Grundschulkinder während der Schulschließungen vor den Sommerferien fast nie Kontakt zu ihren Lehrpersonen hatte", heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.
Insgesamt sei "die Lebenszufriedenheit der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie deutlich" zurückgegangen. Dies sei am stärksten in Brasilien der Fall, stellen die Wissenschaftler anhand der ermittelten Daten fest. Doch auch in Deutschland hätten die Kinder und Jugendlichen "stärker als etwa in Luxemburg und der Schweiz" an Lebenszufriedenheit eingebüßt.
Zudem hatten die jungen Menschen in allen Ländern eines gemeinsam:
In allen Ländern waren es Freunde und Personen aus dem familiären Umfeld, die den Befragten am meisten gefehlt haben", fährt die Studie fort.
Die Forscher zeigen sich besorgt aufgrund des drastischen Rückgangs der Lebenszufriedenheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland:
Auch im Vergleich zu früheren repräsentativen Erhebungen ist dies ein enormer Rückgang. In der Regel ergeben sich bei Kindern und Jugendlichen sehr hohe Werte bei der Lebenszufriedenheit", so Neumann.
In der Schule lernt man fürs Leben, lautet eine alte Lehrerweisheit, die – zugegeben – bei Kindern, Jugendlichen und den späteren Erwachsenen traditionell umstritten ist. Doch nun stellen sich ganz neue Fragen, was das Konzept Schule in der Corona-Krise anbelangt.
Gaben unter den in Deutschland Befragten vor Corona über 90 Prozent an, mit der Schule zufrieden oder sehr zufrieden gewesen zu sein, so sagten dies für die Zeit seit Beginn der Krise nur noch etwas mehr als 50 Prozent. In der Schweiz lag die Zufriedenheits-Quote mit mehr als 70 Prozent deutlich höher", halten die Forscher fest.
Sorgen bereitet ihnen zudem der mangelnde Kontakt der Grundschulkinder zum Lehrkörper während der Schulschließungen. 53 Prozent der Kinder in Deutschland gaben an, währenddessen "nie Kontakt zu ihren Lehrpersonen gehabt zu haben". Bei den Befragten von weiterführenden Schulen seien es 22 Prozent gewesen.
Um die jungen Mitglieder der Gesellschaft zu schützen, sei es auch an den Eltern und Lehrern, ihr Verhalten entsprechend zu überprüfen, denn das Wohlbefinden sei durch diese beinflussbar.
Es zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche, die Angst haben wegen Corona zu erkranken, mit höherer Wahrscheinlichkeit eher Sorgen oder negative Emotionen entwickeln. Gerade bei den Befragten in Deutschland ergab sich, dass Kinder und Jugendliche, die ihre eigene Freiheit während der Pandemie als zufriedenstellend erleben, auch mit ihrem Leben insgesamt zufriedener sind", resümieren die Tübinger und Luxemburger Forscher.
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