Das von der AfD beschlossenen sozialpolitische Konzept scheint im Parteitag immer mehr in den Hintergrund zu geraten: Grund dafür ist die heftige Kritik am Parteivorsitzenden Jörg Meuthen nach dessen "Brandrede", in der er den rechten Flügel der Partei kritisierte. Er warnte vor der Nähe zur Querdenken-Bewegung und übte – mit Blick auf die Wortwahl des Partei-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland – Kritik an den Vergleichen zum Nationalsozialismus in der Corona-Debatte.
Meuthen hatte unter anderem gesagt, dass in Deutschland keine Corona-Diktatur herrsche. Damit bezog er sich wohl auch auf Gauland, der den Begriff "Corona-Diktatur auf Widerruf" während einer Rede im Bundestag verwendete. Gauland erklärte während des Parteitags wiederum, dass er nicht "irgendwelche Zensuren von Jörg Meuthen brauche".
Während des heutigen Parteitags soll die Stimmung aufgeheizt gewesen sein. Mehrere Politiker übten heftige Kritik an Meuthen, da dieser durch sein Verhalten "die Partei spalte". Der Kreisvorstand Freiburg stellte auch einen Antrag, durch den entschieden werden sollte, ob Meuthen für seine Rede eine Rüge erhält.
Im Rahmen dessen kam es zu einer Aussprache. Der Vertraute des Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, Jürgen Pohl, meinte, dass Meuthens Zeit in der AfD abgelaufen sei:
Herr Meuthen, ihre Zeit in der AfD ist vorbei.
Auch der AfD-Politiker Stephan Brandner forderte, dass Meuthen derartige "überflüssige und schädliche innerparteiliche Polarisierungen" zukünftig unterlassen müsse.
Du hilfst nur den Altparteien", erklärte Brandner.
Meuthen hingegen verteidigte sich und meinte, dass das, was hier geschehe, eine "ideologische Verdrehung" seiner gestrigen Rede sei. Auch der Abgeordnete Norbert Kleinwächter rief die Kritiker zur Mäßigung auf:
Seid ihr denn des Wahnsinns eine Debatte über den Parteivorsitzenden zu beginnen?
Im Rahmen der Diskussion forderte Meuthen seine Gegner dann auch auf, doch einen Abwahlantrag zu stellen. Nach der zweistündigen Debatte entschied sich die Partei aber dazu, doch nicht über den Antrag zur Rüge Meuthens abzustimmen.
Später wurde bekannt, dass Gauland, einer der Kritiker Meuthens, den Parteitag vorzeitig verlassen habe. Ein Mitglied der Parteiführung erklärte, dass sich der 79-Jährige am Morgen nicht gut gefühlt habe. Es sei aber nichts Ernstes, ihm sei "in der Nase eine kleine Ader geplatzt". Aus Parteikreisen heißt es, dass Gauland den Parteitag im Krankenwagen in Begleitung von zwei Fahrzeugen mit Berliner Kennzeichen verlassen habe.
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