Bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) handelt es sich um eine privatwirtschaftliche Auskunftei in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Ihr Geschäftszweck ist es, ihren Vertragspartnern – zum Beispiel Kreditinstitute und Handelsunternehmen – Informationen zur Bonität – also Kreditwürdigkeit – Dritter zur Verfügung zu stellen. Dabei verfügt die SCHUFA nach eigenen Angaben über Daten zu 67,9 Millionen natürlichen Personen und zu sechs Millionen Unternehmen.
Wer schon mal einen Kredit beantragt oder auch nur einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hat, wird wissen, wie bedeutsam eine positive SCHUFA-Auskunft sein kann. Dennoch erfasst die Organisation nicht alle finanzrelevanten Informationen wie beispielsweise Dispokredite oder Verbindlichkeiten aus Verträgen mit Mobilfunkanbietern. Somit sind bislang nur bedingte Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit möglich. Das möchte die SCHUFA nun aber gerne ändern. Denn in die Bewertung der Zahlungsfähigkeit möchte sie künftig auch gerne die Kontoauszüge einbeziehen.
Bislang handele es sich jedoch lediglich um ein dreimonatiges Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Telekommunikationsunternehmen Telefónica/O2. Dieses wirbt mit dem Angebot "Check Now": Potenzielle Neukunden, die aufgrund bereits vorhandener laufender Kredite über eine schlechte Bonitätsbewertung verfügen und normalerweise keinen Handyvertrag bekommen würden, können sich von der SCHUFA auf ihr Konto schauen lassen. So könne – wenn etwa der Blick auf Kontobewegungen ergibt, dass laufende Zahlungen trotz Kredit bedient werden können – eine neue und womöglich bessere Bonitätsbewertung erstellt werden.
Doch die Sache hat einen Haken. Wer "Check Now" in Anspruch nimmt, muss einwilligen, dass die SCHUFA die eigenen Kontoauszüge systematisch auswerten und weiterverarbeiten und vor allem zwölf Monate lang speichern darf. Damit würde die Organisation erfahren, wie viel Gehalt jemand bekommt, welche Versicherungen er hat, wohin er in den Urlaub fährt, wie viel Geld er für Einkäufe ausgibt oder was ihn der Unterhalt seiner Kinder kostet. Nach erfolgreichem Abschluss der Testphase will die SCHUFA das Verfahren allen daran interessierten Unternehmen zur Verfügung stellen, wie verschiedene Medien berichteten.
Voraussetzung sei jedoch, dass die Kunden der SCHUFA ausdrücklich einen Auftrag erteilen, sich also bewusst dafür entscheiden. Auch fände die Kontoanalyse nur einmal bei der SCHUFA statt und die gespeicherten Kontoinformationen beschränkten sich ausschließlich auf "relevante" Daten zur Bonitätsbewertung, so das Unternehmen weiter. Verbraucherschützer zeigten sich jedoch alarmiert. So sagte etwa Klaus Müller, Vorstandsvorsitzender des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegenüber dpa:
Die Kontoschnüffelei der SCHUFA ist nicht akzeptabel. Eine solch tiefe Datenauswertung der Kontobewegungen für Scoringzwecke erlaubt Rückschlüsse auf Persönlichkeit, wirtschaftlichen Status und selbst politische Orientierungen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuchteten Verbraucher.
Das Problem sei auch nicht dadurch gelöst, dass Verbraucher freiwillig zustimmen müssen. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass die Verbraucher explizit auf die Tragweite dieses Zugriffs hingewiesen werden. Dies würde eher im Kleingedruckten der Datenschutzbestimmungen versteckt werden, so Müller weiter. Man prüfe zudem rechtliche Schritte für den Fall, dass die SCHUFA diese Pläne umsetzt. Auch der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fürchtet Nachteile für Kunden, vor allem, weil dadurch umfassende Persönlichkeitsprofile erstellt werden könnten. Gegenüber der ARD sagte er:
Ich mache mich da wirklich nackig, wenn ich diesen Einwilligungsbutton bestätige.
Die neue Dienstleistung wird derzeit vom zuständigen Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht auf ihre Zulässigkeit geprüft. Die Sorgen dürften aber womöglich nicht ganz unberechtigt sein. Als es auf einem Branchentreff der Kreditwirtschaft im Oktober um den Blick auf Konten ging und Sparkassenvertreter Fragen zum Datenschutz stellten, habe eine SCHUFA-Vertriebsleiterin nach ARD-Informationen gesagt, "Datenschutzhürden" könne man überwinden. Und weiter:
Ihr Verbraucher wird sich da durchklicken, weil die Leute sind faul und bequem. Die haben keinen Bock auf so was, und die wollen einfach den Service haben. Und sie klicken das durch.
Die SCHUFA habe später erklärt, die Mitarbeiterin habe versucht darzulegen, dass ein Kunde bei einem Bestellvorgang in der Regel mehr Wert auf ein schnelles, bequemes und unkompliziertes Prozedere lege als auf eine intensive Auseinandersetzung mit Datenschutzbestimmungen. Da die Aussage jedoch "in einer Weise interpretiert werden könnte, die den strengen Standards der SCHUFA zum Datenschutz nicht entspricht", habe man den Vorgang mit der Kollegin intern "thematisiert und entsprechend geklärt".
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