Wäre er ein Fernsehsternchen, die Corona-Krise könnte als sein großes Comeback bezeichnet werden. Traumhafte Einschaltquoten sind ihm wieder sicher. Es gibt kaum eine Talkshow, in der er nicht als Mahner und Warner in Sachen "Corona" zu sehen wäre.
Kaum eine Stunde vergeht auf dem sozialen Nachrichtennetzwerk Twitter, ohne dass der SPD-Politiker auch dort seine neuesten Erkenntnisse feilbieten würde. Optimismus und Besonnenheit ist seine Sache nicht. Entsprechend auf ihn niedergehender Hohn und Spott perlen jedoch an ihm ab, schließlich gibt es ihm um die Sache und da muss man ein dickes Fell mitbringen.
Nun erhebt er wieder seine Stimme, um zu warnen. Schon seit Monaten liegt dem passionierten Tischtennisspieler dabei der Sport besonders am Herzen. Geisterspiele, also Spiele ohne Publikum, gingen ihm beim Profifußball vor Monaten zu weit.
(Profifußball)Spiele vor Zuschauern halte ich für das gesamte Jahr für absolut ausgeschlossen. Auch Spiele ohne Publikum sind nicht ganz ungefährlich, denn Fußball ist nun mal eine Kontaktsportart", erklärte Lauterbach in einem Spiegelinterview bereits im Mai.
Entsprechend sprach er sich gegen einen baldigen Neustart der Bundesliga mit Geisterspielen aus. Lauterbach galt gar als "Chefkritiker" des sogenannten Restarts der Bundesliga. Am Ende konnte er sich allerdings trotz bereits vorhandener Omnipräsenz in Funk und Fernsehen nicht durchsetzen.
Bis zum Schluss habe er versucht, "die Spiele zu verhindern", so Lauterbach stolz am 23. Mai. Hauptargument:
Der Beschluss zur Bundesliga ist enttäuschend und falsch, ich bedauere ihn sehr", erklärte Lauterbach dazumal dem Nachrichtenportal T-Online. Das Hygienekonzept funktioniere nicht.
Seither rollt der Ball wieder in der Bundesliga, ohne das Lauterbachs Schreckensvisionen Realität geworden wären.
Doch nun meldet sich der Mediziner in Sachen Freizeit- und Profisport zurück. So erwarte er nach dem nächsten Corona-Gipfel auch weitere Einschränkungen für den Sport, erklärte Lauterbach vor den Beratungen von Bundesregierung und Ministerpräsidenten am Mittwoch.
Sollten sich die Fallzahlen nicht gut entwickeln, "dann könnte ich mir gut vorstellen, dass wir den Freizeitsport und auch den Profisport, zumindest den Hallensport, komplett verbieten", erklärte der 57 Jahre alte Bundestagsabgeordnete im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Der Hallensport ist bei den momentan hohen Fallzahlen nicht sicher zu begleiten und auch mit Corona-Tests der Sportler nicht sicher zu machen", mahnte Lauterbach.
Auch den Profifußball knöpfte sich der Gesundheitsökonom erneut vor und ergänzte:
Selbst beim Profi-Fußball bin ich nicht sicher, wie lange wir das noch durchhalten. Wenn es immer mehr Fälle gibt in den Clubs selbst, dann wird es schwierig. Dann sind die Geisterspiele nicht mehr so sicher wie sie waren. Auch die Vorbildfunktion ist dann nicht mehr gegeben", warnte Lauterbach.
Die "Vorbildfunktion" war auch schon im April und Mai eines der Hauptargumente Lauterbachs, als er sich gegen den "Restart" aussprach.
Allerdings hätten sich, so der SPD-Politiker nun, die Geisterspiele in der Fußball-Bundesliga "als sicherer erwiesen, als ich gedacht habe. Ich hatte gedacht, dass es um die Geisterspiele herum große Fan-Ansammlungen gibt und sich die Fans gegenseitig infizieren. Ich hatte auch mit einer höheren Zahl an infizierten Spielern gerechnet. In beiderlei Hinsicht lag ich falsch", erklärte er nun großmütig im Interview.
Warum er dann nun mit seiner Warnung vor einer drohenden Unsicherheit von Geisterspielen richtigliegen sollte, geht zumindest für den unbedarften Normalbürger nicht aus Lauterbachs Worten hervor.
In einer Angelegenheit zeigt sich der fünffache Vater nach wie vor unerbittlich. Forderungen aus den Bundesligen nach Zuschauern in den Stadien seien "zum jetzigen Zeitpunkt völlig realitätsfremd" – trotz (oder vielleicht wegen) der Hygienekonzepte.
Wie soll ein Hygienekonzept funktionieren, wenn jeder unnötige Kontakt vermieden werden soll?
Der Sport, auch der Freizeitsport, habe in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert, allerdings brauche man zum Sporttreiben laut Lauterbach keine Kontakte mit anderen.
Wir kommen nicht aus der hohen Inzidenzzahl heraus, die uns zwangsläufig zur Überlastung in der Intensivmedizin und auch zu mehreren hundert Todesfällen pro Tag führt, wenn wir die Kontakte nicht um 75 Prozent reduzieren. Die Kontakte beim Sport sind nicht wichtiger als die Kontakte außerhalb des Sports in der Freizeit", so Lauterbach.
Und diese sind ja bereits durch die Corona-Maßnahmen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. So wird ein Schuh draus.
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