Kinderschutzverbände: Verschärfte Kontaktbeschränkungen sind "kinderfeindlich"

Die Bundesregierung plant verschärfte Kontakteinschränkungen. Kinder sollen sich nur noch mit einem festen Freund in der Freizeit treffen dürfen. Deutsche Kinderschutzverbände kritisieren diese Pläne deutlich. Sie sehen das Wohlergehen der Kinder gefährdet.

Mehrere deutsche Kinderschutzverbände kritisieren die Kontakteinschränkung bei Kindern und Jugendlichen deutlich. Am 16. November hatte die Bundesregierung entsprechende Pläne vorgestellt. Demnach seien

Die Vorschläge sollen laut Planung am 23. November beschlossen werden.

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, findet für diese Pläne der Bundesregierung deutliche Worte:

Soziale Interaktion ist sehr wichtig, gerade für Jugendliche ist sie das zentrale Entwicklungsmoment. Es ist völlig unverhältnismäßig und kinderfeindlich, das auf einen Kontakt zu beschränken.

Auch andere Kinderschutzverbände äußern sich besorgt über die Folgen solcher Maßnahmen für das Wohlergehen der Kinder. Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, zweifelt an der Zumutbarkeit der Kontakteinschränkung auf einen Freund:

Es ist furchtbar für das Kind, das sich zwischen seinen Freunden entscheiden soll und es ist furchtbar für jenes Kind, das im Zuge einer solchen Entscheidung vielleicht abgewiesen werden musste.

Eine solche Entscheidung, "die mit so viel Potential für Zurückweisungen und Tränen verbunden ist", solle Kindern nicht auferlegt werden. Er sehe auch nicht die Notwendigkeit, wenn gleichzeitig "in den Bürohäusern deutscher Innenstädte ein völlig ungeregelter Präsenzbetrieb" weiterlaufe.

Michael Kölch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, kritisierte ebenfalls die Auswahl eines einzelnen privaten Kontaktes – dabei würden viele Kinder einfach "übrig bleiben": "Nach denen, die sonst wenige Kontakte haben, muss man jetzt schauen, damit die nicht völlig vereinsamen". Gleichzeitig mahnte er, einschneidende Maßnahmen müssten altersgerecht und nachvollziehbar begründet werden:

Wichtig ist es, das transparent zu machen. Wenn wir im Moment nicht sagen können, wie lange das dauert, nützt es nichts zu sagen, Weihnachten ist es vorbei.

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Bundesfamilienministerin Giffey hält verschärfte Maßnahmen zumutbar

In einem Interview äußerte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), dass die geplanten Verschärfungen "sorgfältig abgewogen", notwendig und zumutbar seien. Angesprochen auf die Kontakteinschränkung für Kinder auf einen einzigen Freund, sagte Giffey:

Wenn, dann ginge es ja nur um die Freizeit, und die Kinder hätten trotzdem weiterhin Kontakte in Kita und Schule – oft sind das die wichtigsten Freundinnen und Freunde. Und außerdem begegnen sich viele Grundschulkinder und Jugendliche über digitale Möglichkeiten, um miteinander zum Beispiel Hausaufgaben zu machen oder Spie­le zu spielen. Anders als im März und April soll nun ja nicht jeder Kontakt zu Gleichaltrigen vermieden werden. Das ist also schon noch ein Unterschied. Und bei allem, was gerade an Einschränkungen und Verzicht nötig ist, ist mir wichtig, auch Mut zu machen. Wir sollten daran denken, dass das alles nicht ewig geht und auch wieder unbeschwertere Zeiten kommen.

Eine Schließung von Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen schloss Giffey aktuell aus. Aber "angesichts der Infektionszahlen kann sich natürlich niemand sicher sein". Derzeit gehe von Schulen und Kitas "kein so großes Verbreitungsrisiko aus, dass die massiven Risiken und Nebenwirkungen für das Kindeswohl, die mit den Schließungen einhergehen würden, gerechtfertigt wären".

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