Kramp-Karrenbauer: Mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr, mehr Rüstungsausgaben, mehr Sicherheit

Die ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" thematisiert die Rolle der Bundeswehr und "Deutschlands neue Rolle in Europa und der Welt". Im Interview spricht Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer über Auslandsmissionen und Ausrüstung. Kampfeinsätze werden ins Gespräch gebracht.

Die Bundeswehr soll vielfältiger und schneller eingreifen – im Ausland wie im Inland. Das bekundete am 15. November Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einem Interview in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Neben dem jüngst ausgebauten Einsatz innerhalb Deutschlands zur Unterstützung der Gesundheitsämter müsse sich die Bundeswehr umfassenden Aufgaben im Ausland stellen:

Wir haben zum einen den Auftrag der Bündnis- und Landesverteidigung – insbesondere auch innerhalb der NATO. Deswegen stellen wir etwa unsere Truppen mit zur Verfügung in Litauen, deswegen sind wir im Air Policing über dem Baltikum. Wir sind aber genauso gut eine Armee im Einsatz. Und wir haben zurzeit neben Afghanistan den neuen Schwerpunkt der NATO-Mission im Irak und vor allen Dingen auch das Thema Sahelzone, das uns noch eine ganze Weile beschäftigen wird. Und dass unsere Schiffe sehr gefragt sind – nicht nur in europäischen Missionen wie IRINI im Mittelmeer, sondern auch zunehmend angefragt werden für Übungen im indopazifischen Raum –, ist bekannt.

Der Bericht aus Berlin nahm den 65. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr zum Anlass, um "Anspruch" und "Wirklichkeit" der Bundeswehr zu hinterfragen: Wie soll Deutschlands neue Rolle in Europa und der Welt aussehen? Welche außenpolitische Linie müsse eingeschlagen werden – an der Seite der USA gegenüber expansiven und aggressiven Mächten wie China und Russland? Und wie könne die Bundeswehr dazu eingesetzt werden?

Als Aufhänger wurde die US-Präsidentenwahl genommen: Der "kommende US-Präsident [im Bild Joe Biden] wird mehr fordern von Deutschland". Dazu wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel zitiert:

Amerika erwartet von uns – und zu Recht – stärkere eigene Anstrengungen, um für unsere Sicherheit zu sorgen und für unsere Überzeugungen in der Welt einzutreten.

Mehr Auslandseinsätze – mehr Investitionen

Die Bundeswehr übernimmt laut dem Bericht aus Berlin derzeit primär Einsätze zur "Friedenssicherung und Ausbildung" – etwa in Mali, wo sie helfe, dessen Militär aufzubauen. Kampfeinsätze gehören aktuell noch nicht zum Aufgabenspektrum der Bundeswehr. Das bemängelte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München. Der Einsatz der französischen Armee gehe weiter, er beinhalte, "Terroristen zu jagen und zu erschießen". Auch für die Bundeswehr müsse eine Erweiterung ihrer Aufgaben diskutiert werden.

Der Bericht aus Berlin argumentierte, dass sich die sicherheitspolitische Lage verändert habe – auch in Europa: "Seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 hat sich die Aufgabe der Bündnisverteidigung neu gestellt". Die osteuropäischen Partner wünschen sich eine stärkere Militärpräsenz – aber noch seien allein die USA fähig, diese zu erbringen. Europa sei "weit davon entfernt, autonom reagieren zu können": "Es fehlen militärische Fähigkeiten wie Raketenabwehr oder Luftaufklärung". "Massive" Investitionen für die Bundeswehr müssten thematisiert werden, denn die "militärischen Aufgaben warten nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft. Deutschland muss als Exportnation auch die Freihaltung der Seewege im Blick haben – bis hin zum Indopazifik".

Gefragt nach dem derzeitigen Ausrüstungsstand, antwortete Kramp-Karrenbauer im Interview:

Wir müssen vor allen Dingen etwas tun für unsere eigene Sicherheit. Wir müssen etwas tun, weil wir in dem Bündnis auf Gegenseitigkeit der NATO Versprechen gemacht haben. Wir haben Fähigkeiten zugesagt – insgesamt rund zehn Prozent der Fähigkeiten noch für die Zukunft. Die müssen wir bringen bis zum Jahr 2031. Dazu braucht man auch das entsprechende Geld. Wir sehen jetzt zum Beispiel im Konflikt in Bergkarabach, wie sich der Luftkrieg verändert hat: Der Angriff erfolgt über Drohnen. Das heißt, wir haben Anforderungen an Luftverteidigung, die heute andere sind als in der Vergangenheit. Wir stecken in der Modernisierung unserer Landstreitkräfte: zusammen mit Frankreich MCGS [der deutsch-französische Gemeinschaftspanzer, Anm. d. Red.] oder im Kampfflugzeug der Zukunft, das sind die großen Projekte. Und neben dem müssen wir auch dafür sorgen, dass vor allen Dingen unsere Männer und Frauen mit ihrer persönlichen Ausstattung auf dem Stand der Zeit sind.

Eingeblendet wurde ein Redebeitrag von der Wehrbeauftragten des deutschen Bundestages Eva Högl (SPD). Sie gab an, es gebe für die Bundeswehr "nicht genügend Unterkünfte oder nicht genügend Wirtschaftsgebäude". Es fehle "großes Gerät" wie Transporthubschrauber. Darüber hinaus fehlten Gewehre, Panzer und Schiffe.

Pläne zur Modernisierung der Bundeswehr

Im weiteren Verlauf nahm die Sendung Bezug auf die grundsätzliche Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. Bezüglich der Transporthubschrauber wurde gefragt, wie man mit Technik "aus den 70er-Jahren einen robusten Einsatz in Nordafrika durchführen" solle. Das Resümee lautet: "Bevor es um weitere Einsätze Deutschlands in der Welt gehen kann, gibt es anscheinend in Berlin für die Verteidigungsministerin noch grundlegende Reformen zu erledigen".

Darauf angesprochen, äußert Kramp-Karrenbauer: "Die Bundeswehr ist über viele Jahre abgespart, weggespart worden". Zudem gebe es "massive Probleme bei der liefernden Industrie". Es gebe zwar Produkte, "die man von der Stange kaufen" könne. Diese brächten allerdings "Wertschöpfung in anderen Ländern" mit sich – "nicht in Deutschland".

Die Interviewerin des Berichts aus Berlin äußerte Skepsis, ob man genügend Zeit dafür habe – in vier Jahren könne ein "Trump 2.0" in den USA drohen. Daraufhin stellte die Verteidigungsministerin ein Konzept für die Modernisierung der Bundeswehr vor. Dieses beinhalte folgende Punkte:

Auf den Zeitraum von vier Jahren ließ sich Kramp-Karrenbauer nicht festlegen. Zum Abschluss des Interviews betonte sie aber:

Was es aber auf jeden Fall dazu braucht, ist eine verlässliche finanzielle Grundlage. Denn nichts wäre schlimmer, als dass wir Verträge nicht wirklich vorantreiben können, weil wir nicht sicher sagen können, dass das Geld dafür – nicht nur im nächsten oder übernächsten Jahr, sondern eben auch in vier oder fünf Jahren – noch da ist.

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(rt/ard)