Droht Berlin ein Bandenkrieg zwischen arabischen und tschetschenischen Gruppierungen?

In Berlin sorgten am vergangenen Wochenende mehrere Auseinandersetzungen zwischen zwei Männergruppen für Aufsehen. Nach Angaben der Behörden könnten die Zwischenfälle auf einen Bandenkrieg zwischen einem arabischen Clan und einer tschetschenischen Gruppe hindeuten.

In den Berliner Stadtteilen Neukölln und Gesundbrunnen war es am Samstag und Sonntag zwischen jeweils zwei Männergruppen zu Auseinandersetzungen gekommen. Bei einem Streit seien etwa am späten Samstagnachmittag nach einem Streit in einem Spätkauf bis zu 30 Personen mit Messern, Einrichtungsgegenständen und Wasserpfeifen aufeinander losgegangen. Eintreffende Einsatzkräfte konnte sechs mutmaßlich beteiligte Tatverdächtige im Alter von 17 bis 31 Jahren auf der Flucht stellen und festnehmen, hieß es seitens der Polizei.

Am Samsttag erlitten mehrere Männer zum Teil schwere Kopf- und Schnittverletzungen und kamen in umliegende Krankenhäuser. Auch am Sonntag gingen etwa 15 Beteiligte mit Messern und unbekannt gebliebenen Schlagwerkzeugen aufeinander los. "Die Angegriffenen erlitten Platzwunden an den Köpfen, einer einen Stich in den unteren Rückenbereich und mussten teilweise ambulant in Krankenhäusern behandelt werden" teilte die Polizei mit. 

Nach Angaben der Behörden wurden bei den insgesamt drei Gewaltausbrüchen in den genannten Stadtteilen elf Männer verletzt. Am Samstagabend wurden sechs Männer einer russisch-tschetschenischen Gruppe festgenommen und wieder entlassen. Unter den weiteren Beteiligten waren auch "Mitglieder einer bekannten Großfamilie", so die Polizei. Ob es Zusammenhänge zwischen den Auseinandersetzungen gibt, ist Bestandteil der Ermittlungen.

Die für organisierte Kriminalität (OK) zuständige Abteilung im Landeskriminalamt (LKA) habe die drei Vorfälle an sich gezogen, um die Zusammenhänge zu prüfen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag.

Tschetschenische Banden spielen laut Behörden neben kriminellen Mitgliedern arabischstämmiger Großfamilien seit Jahren eine Rolle im kriminellen Milieu der Hauptstadt.

Die russisch-eurasische OK, das ist eine harte Nuss", sagte vor einem Jahr Sebastian Laudan, der zuständige Abteilungsleiter, im Zusammenhang mit dem Lagebild des LKA zur organisierten Kriminalität. 

Bei fast der Hälfte der 59 großen Ermittlungskomplexe zum Thema organisierte Kriminalität ging es um Rocker, Tschetschenen oder Mitglieder arabischstämmiger Großfamilien, die vor allem aktiv sind im Drogenhandel, der Zwangsprostitution und Schutzgelderpressung.

Auch bei der Pressekonferenz des Bundesinnenministeriums zum Thema Bundeslagebild 2018 für Organisierte Kriminalität wurde darauf hingewiesen, dass das Bundeskriminalamt (BKA) eine "überdurchschnittlich hohe Eskalations- und Gewaltbereitschaft" bei Verbrecherbanden, die von Tschetschenen dominiert werden, beobachtet.

Nach brutalen Angriffen am vergangenen Wochenende soll es laut einem Medienbericht polizeiinterne Einschätzungen gegeben haben, dass solche Auseinandersetzungen das Potenzial für massive Gewaltexzesse hätten. Als mahnendes Beispiel wurden etwa in einem internen Schreiben die Ausschreitungen im französischen Dijon angeführt.

Im Sommer kam es in Vororten der französischen Stadt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Tschetschenen und mehrheitlich nordafrikanisch stämmigen Gruppen. Es kam zu heftigen Straßenschlachten. Spezialeinsatzkommandos mussten zur Unterstützung der lokalen Polizei eingesetzt werden. Die Vorfälle sorgten in Frankreich für Entsetzen und scharfe Kritik der Sicherheitspolitik der Regierung.

Auch in Berlin verweist man warnend darauf, dass die Gruppierungen in dem Milieu über Schusswaffen verfügen. 

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