Psychiater Maaz: Durch Angst vor Corona "wird das soziale Leben nachhaltig gestört"

Ab dem 2. November wird sich Deutschland für vier Wochen in einen Lockdown "light" begeben. Psychiater Maaz reagiert kritisch auf solche Maßnahmen, denn diese können das soziale Leben verunsichern und die Gesellschaft spalten.

Der Psychiater und Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz war 28 Jahre lang Chefarzt der Psychotherapeutischen und Psychosomatischen Klinik im Evangelischen Diakoniewerk Halle. Nach seinen Beobachtungen werden die Deutschen "zunehmend coronamüde". Immer mehr Leute, unter ihnen auch Kulturschaffende und Ärzte, kritisieren die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung des Coronavirus. Dies führt zu einer Spaltung zwischen jenen, die die Corona-Maßnahmen akzeptieren und verteidigen, und jenen, die sie infrage stellen.
Spaltungen in der Gesellschaft habe es schon immer gegeben, erklärt der Psychiater: zwischen Land und Stadt, Alt und Jung usw. Doch mit Corona erreiche die gesellschaftliche Spaltung ihren Höhepunkt. Diese ist für Maaz "das Symptom einer Gesellschaftskrise".
Er ist der Meinung, dass die Risikogruppen "selbst entscheiden wollen, wie sie geschützt werden wollen, und das Risiko selber tragen wollen". Das Risiko, das das Virus darstellt, möchte er keineswegs "bagatellisieren". Doch die Ansteckungsgefahr "ist eine Gefahr, die es seit Menschengedenken gibt". Er kritisiert die "politische und medial unterstützte Ängstigung".
Denn für den Psychiater stellt die Angst davor, sich anzustecken, eine individuelle Gefahr dar: Stress schwächt das Immunsystem. "Man kann viel häufiger krank werden", so Maaz. Doch die Gefahr ist auch kollektiv: "Das soziale Leben wird verunsichert und nachhaltig gestört", argumentiert er. "So wird der Nächste, den man nicht mehr berühren oder umarmen darf, zu einem potenziellen Gegner." Die Folgen davon merke man schon an der zunehmenden Denunziation.