Corona-Krise: Präsident der Bundesärztekammer und Intensivmediziner warnen vor Panikmache

Nach dem jüngsten Appell von Kanzlerin Merkel zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie hat Ärztepräsident Klaus Reinhardt davor gewarnt, die Bevölkerung zu verunsichern. Dies könne zu einer Art von Abstumpfung führen. Auch Intensivmediziner warnen vor panischen Reaktionen.

Er wolle keine Entwarnung geben oder übertriebene Gelassenheit verbreiten, erklärte der Präsident der Bundesärztekammer am Montag im Deutschlandfunk, betonte aber zugleich:

Aber ich finde, man kann den Menschen nicht in einer Tour Angst machen. Sonst könnte eine Art von Abstumpfung entstehen. Teile der Bevölkerung fangen dann an, die Warnungen nicht mehr ernst zu nehmen.

Merkel hatte die Bürger in ihrer am Samstag ausgestrahlten, wöchentlichen Videobotschaft eindringlich zur Mithilfe bei der Bekämpfung der Pandemie aufgerufen. Sie bat unter anderem, auf Reisen und Feiern zu verzichten, die "nicht wirklich zwingend notwendig" seien. Es zähle jetzt jeder Tag.

Also ganz so ernst kann ich die Lage aktuell nicht nachvollziehen, wenn ich ehrlich bin. Ich glaube, dass diese Vorstellung, dass man dieses Virus ganz vertreiben kann, eine irrige ist", so der Ärztepräsident weiter. 

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In Deutschland seien rund 700 Patienten auf Intensivstationen, es seien aber rund 8.800 Intensivbetten verfügbar. Angesichts dieser Verhältnisse seien Abstandhalten, Hygieneregeln und Vermeidung von zu großen Versammlungen angemessen. Weitere Maßnahmen, mit denen die Bewegungsfreiheit der Menschen weiter eingeschränkt würden, halte er derzeit "definitiv für nicht angebracht", betonte Reinhardt.

Intensivmediziner: Panik nicht angebracht 

Auch Mediziner warnen angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens und der Lage in deutschen Krankenhäusern vor Panik. "Wir sollten wachsam sein, aber nicht panisch", sagte Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, während einer Online-Pressekonferenz von Intensivmedizinern am Montag.

Grundsätzlich sei die Lage in den deutschen Krankenhäusern bis auf wenige regionale Ausnahmen vergleichsweise ruhig. Trotz neuer Rekorde bei den absoluten Zahlen positiver Tests in den vergangenen Tagen könnten die Bundesländer aktuell genügend Intensivbetten vorhalten.

"Wir sind quasi fünf Wochen hinter dem, was wir zum Teil in unseren Nachbarländern sehen", führte Wendtner weiter aus. Neben den Bettenkapazitäten müsse es aber auch "die Menschen hinter den Maschinen geben". Entsprechendes Personal müsse einkalkuliert werden, um auch Patienten mit Nicht-Corona-Erkrankungen zu versorgen. Es dürfe keiner "hinten runterfallen". Außerdem betonte Wendtner, dass die Gesellschaft weiterhin mitgenommen werden müsse, da er bei vielen schon eine gewisse "Corona-Müdigkeit" feststelle.

Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin betonte, wie wichtig eine Herangehensweise ohne Panik sei. Das Frühjahr habe "uns alle ziemlich gerade gerückt", sagte Janssens. Seine Kollegen und er seien aber dennoch zuversichtlich:

Ich kenne keinen Einzigen, der sagt, das wird eine Katastrophe werden.

Derzeit blicke man zwar mit Anspannung in die Zukunft. "Wir werden das aber mit Sicherheit schaffen", betonte Janssens.

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(rt/dpa)