Erik Venhues vom Club "A Seven" und Norbert Finke, Betreiber der Kneipe "Das Klo" in Charlottenburg, haben einen Eilantrag eingereicht gegen die vom Berliner Senat angesichts steigender Infektionszahlen zur Corona-Bekämpfung angeordnete Sperrstunde für gastronomische Betriebe zwischen 23 und 6 Uhr. Im Gespräch mit RT Deutsch erläuterten sie ihre Motivation dazu.
Venhues zufolge fehle für die Betriebsschließung von Gaststätten die rechtliche Grundlage. Eine derartige Maßnahme sei nicht im Infektionsschutzgesetz vorgesehen. Zudem würden die Zahlen des Robert Koch-Instituts zeigen, dass das Infektionsrisiko in Gaststätten deutlich geringer sei als in anderen, unkontrollierten Räumen.
Der Gastronom versichert:
Um den vorgesehenen Hygienekonzepten und Auflagen gerecht zu werden, habe ich als Betreiber ca. 35.000 Euro investiert und unsere Lokalität pandemiegerecht umgebaut. Dies entspricht der Eindämmungsstrategie und unterstützt das Minimieren der Infektionszahlen.
Er kann die Begründung für die Maßnahmen nicht nachvollziehen:
Der Senat hat offenkundig zugegeben, dass er nicht Herr der Lage von illegalen Partys und privaten Zusammenkünften wird und er auch darin das größte Ansteckungsrisiko sieht. Die täglichen News scheinen das zu bestätigen. Daher ist die Sperrstunde für uns völlig unverständlich, weil es das Infektionsgeschehen im unkontrollierten Raum eher fördert, als bekämpft.
Zudem spricht Venhues von einer "unfairen Behandlung" und einem pauschalen Abstrafen der Gastronomie. Konzerthäuser etwa seien von der Maßnahme nicht betroffen, dort sei es sogar möglich, nach 23 Uhr Alkohol zu trinken. Er kritisierte, dass junge Menschen, die Bars besuchen, als "böse" abgestempelt werden. Dies sei ungerecht:
Diese Willkür ist existenzgefährdend für zahlreiche Unternehmen.
Finke beklagt, dass die Gastronomie, kleine Reisebüros, Veranstalter und andere Kleinbetriebe "nur gebeutelt werden, ohne Perspektive". Dem Kneipenwirt gehe langsam die Luft aus. Er wundert sich, das z. B. "in Bordellen die Leute übereinander liegen dürfen und in der Gastronomie die Leute nicht nebeneinander sitzen dürfen".
Beide Gastronomen befürworten alternative Ansätze zur Pandemiebekämpfung. Venhues spricht sich für eine stärkere Kontaktverfolgung aus, bei der die Gaststätten sogar helfen könnten. Dafür müsse man allerdings die komplexen DSGVO-Richtlinien aussetzen. Es müsse etwa möglich sein, mit einer SMS Kontaktdaten auszutauschen. Solche Maßnahmen würden den Betrug bei der Angabe von persönlichen Daten minimieren. Zudem müsse man der Partylust der jüngeren Generation entgegenkommen:
Anstatt zu verbieten und immer mehr den Vorschlaghammer zu wählen, sollte man das kontrollierte Feiern erlauben wie z. B. in Teilen der Schweiz mit reduzierter Gästezahl.
Antigen-Schnelltests könne man einsetzen, um begrenzte Lockerungen zu ermöglichen.
Der "Klo"-Betreiber Finke bemängelt, dass es in Berlin zu wenige Kontrollen gibt. Es würde nicht rigoros gegen die schwarzen Schafe vorgegangen, die gegen die bereits vorher bestehenden Corona-Regelungen verstießen. Der Senat schaffe es nicht, illegale Partys frühzeitig aufzulösen. Die Rechnung dafür bekämen jetzt die Gastronome präsentiert.
Beide Wirte sprachen sich grundsätzlich dafür aus, Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Epidemie zu treffen und grenzten sich somit von gewissen Kreisen ab, die die Reaktion der Regierung per se in Frage stellen. Jedoch müssten diese Maßnahmen, so Finke", "mit Kopf" getroffen werden. Venhues forderte ein "gesundes und realitätsnahes Maß".
Über den Eilantrag der Gastronomen soll ein Berliner Gericht möglicherweise noch am Dienstag entscheiden.
Der Berliner Senat hat mittlerweile ein Maßnahmenpacket für die Berliner Gastronomie auf den Weg gebracht, um die wirtschaftlichen Folgen der Sperrstunde abzufedern.
Hinweis der Redaktion: Das Landgericht Berlin hat die Klage des Wirtes Norbert Finke auf Schadensersatz inzwischen abgewiesen. Das Gericht hält die Schließung der Betriebe für rechtmäßig, eine Entschädigungspflicht liege demnach nicht vor.
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