Das Verteidigungsministerium hat die Vergabe des neuen Sturmgewehrs der Bundeswehr an den Thüringer Hersteller C. G. Haenel zurückgezogen. Es begründete die Entscheidung am Freitag damit, dass Patentrechtsverletzungen zulasten des unterlegenen Bieters Heckler & Koch nicht auszuschließen seien. "Die Vergabestelle des Bundes wird damit in eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung aller Aspekte eintreten", hieß es weiter. Bei dem Auftrag geht es um die Lieferung von 120.000 neuen Waffen und ein Volumen von wohl knapp 250 Millionen Euro.
Bei dem Bieterverfahren für das neue Sturmgewehr war der langjährige Lieferant Heckler & Koch dem Konkurrenten Haenel (Suhl) unterlegen. Heckler & Koch legte daraufhin eine Rüge beim zuständigen Beschaffungsamt ein – die Voraussetzung für eine spätere Vergabebeschwerde.
Heckler & Koch begrüßte die Kehrtwende des Ministeriums: Die Firma aus Oberndorf am Neckar sei seit 60 Jahren ein zuverlässiger Ausrüstungspartner der Bundeswehr, teilte ein Unternehmenssprecher am Abend mit.
Insofern ist Heckler & Koch dem Verteidigungsministerium ausgesprochen dankbar, die Vergabeentscheidung für das neue Sturmgewehr der Bundeswehr vor dem Hintergrund unserer Rügepunkte noch einmal überprüfen zu wollen.
"Mit der Aufhebung der Vergabe bietet sich die Chance, ein verunglücktes Beschaffungsvorhaben zu beenden und dem Steuerzahler einen großen Kostenblock zu ersparen", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Müller der dpa.
Das G36 ist ein gutes und ausgereiftes Sturmgewehr, mit dem die Soldatinnen und Soldaten sehr zufrieden sind.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte Konsequenzen:
Haenel liefert der Bundeswehr bereits ein Scharfschützengewehr und gehört zur Caracal International LLC mit Sitz in Abu Dhabi. Dieses gehört wiederum zum staatlichen Rüstungskonglomerat EDGE Group der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Caracal ist in diesem Konzern für das Segment Kleinwaffen zuständig.
Das Thüringer Unternehmen habe in dem 2017 eingeleiteten Bieterverfahren eine Waffe vorgelegt, die sich in umfangreichen Tests als etwas besser auf die Anforderungen des Militärs zugeschnitten und auch als wirtschaftlich vorteilhaft erwiesen habe, hieß es beim Bekanntwerden der Entscheidung aus Militärkreisen.
Um das von Heckler & Koch gelieferte G36 hatte sich von 2012 eine Affäre entwickelt, die mit Hinweisen auf Probleme mit der Treffgenauigkeit begonnen hatte. Späteren amtlichen Untersuchungen zufolge traten diese nach langen Schussfolgen oder auch unter Hitzeeinwirkung auf. Von den Soldaten ist die Waffe bis heute geschätzt.
Für Heckler & Koch war die Berliner Entscheidung ein harter Rückschlag zur Unzeit. Das Unternehmen ist hoch verschuldet – seine Finanzverpflichtungen von 249 Millionen Euro sind in etwa so hoch wie der Jahresumsatz (2019: 239 Millionen Euro). Nach zwei Verlustjahren wirtschaftete H&K zuletzt zwar wieder profitabel. Dennoch bleibt die Situation angesichts der weiterhin ungelösten Schuldenproblematik angespannt.
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(rt/dpa)