Rechtsextremismus in Behörden: Seehofer spricht vom "dicken Problem"

Der Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden" wurde vorgestellt. Fast jeder dritte rechtsextreme Verdachtsfall richtet sich gegen mehr als eine Person. Innenminister Seehofer spricht von einem "dicken Problem".

Bei der heutigen Bundespressekonferenz stellte Bundesinnenminister Horst Seehofer den Lagebericht zu Rechtsextremismusfällen in deutschen Sicherheitsbehörden vor. Hierbei betonte Seehofer, dass zwar 99 Prozent der deutschen Beamten in den Sicherheitsbehörden auf dem Boden des Grundgesetzes stünden, weswegen man nicht von einem strukturellen Problem sprechen könne, jedoch "jeder Fall eine Schande" sei.

Seehofer sprach davon, "nach wie vor" uneingeschränktes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden zu haben. Er wolle außerdem bei dem Thema Rassismus und Rechtsextremismus keine Reduzierung auf eine Berufsgruppe vornehmen, wie etwa auf Polizisten, sondern plane eine breitere, gesamtgesellschaftliche Untersuchung des Problems. Hier sollen die Ergebnisse aus dem Lagebericht einfließen. Es wurde mehrfach betont, dass der Lagebericht der Anfang und nur ein kleiner Teil weitreichender Maßnahmen sei, die getroffen werden würden.

Die für den Bericht benutzen Daten basierten auf einem einheitlichen Fragebogen, der gemeinsam von allen beteiligten Stellen erarbeitet wurde. Diese Fragebögen sollen von den für Disziplinarmaßnahmen zuständigen Vorgesetzten in den jeweiligen Behörden bearbeitet worden seien, nicht von den Mitarbeitern selbst.

"Konkret ging es um Sachverhalte, bei denen der Verdacht auf eine rechtsextremistische Einstellung oder eines solchen Verhaltens Maßnahmen der Behörde nach sich gezogen hat", so Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Fälle, die keine Maßnahme der betroffenen Behörde nach sich zogen, blieben demnach ungeachtet.

Haldenwang erklärte weiter, dass diese Fälle "nicht isoliert betrachtet" würden. Vielmehr solle ein Überblick gewonnen und aufgeklärt werden, ob es Verbindungs- und Kennlinien zwischen den Akteuren gibt, "ob wir Rechtsextremisten gegenüberstehen die ihre Verbindungen ausbauen".

Außerdem steht laut Haldenwang im Fokus des Berichts "nicht der gesamte öffentliche Dienst, sondern die Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden. Diese Priorisierung folgt einer Risikobewertung: angesichts ihrer Professionalität, ihrer Kenntnisse, sowie ihrer Zugänge zu Waffen und sensiblen Informationen, verkehren sich Bedienstete von Sicherheitsbehörden und Soldaten der Bundeswehr zu einer erheblichen Gefahr, wenn sie sich extremistischen Positionen zu wenden".

Seehofer sprach in diesem Zusammenhang von einem "dicken Problem". Er habe es als "die größte Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Und wenn es dann noch im öffentlichen Dienst auftritt, ist es doppelt schmerzhaft und schlimm, weil es natürlich auch das Verständnis zu unserer Demokratie, zu unserem Rechtsstaat geeignet ist zu untergraben".

Auf Nachfrage lehnte Seehofer es jedoch kategorisch ab, von einem strukturellen Problem zu sprechen. Allerdings nahm er zur Kenntnis, dass in den letzten Jahren vermehrt "Netzwerke tätig geworden sind", ein Phänomen, das er den Theorien von Einzeltätern gegenüberstellt. Beides möchte Seehofer im Blick behalten, er setze sich für eine konsequente Aufklärung und rigorose Verfolgung ein. Im Zusammenhang mit der Aussage, dass die meisten gemeldeten Fälle von Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden auf Meldungen interner Mitarbeiter zurückzuführen sei, appellierte Seehofer:

"Schauen Sie hin, Verteidigen Sie die Verfassung und unsere Werteordnung!"

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