Lockdown, Quarantäne? – nein, Personalmangel: Weil zu viele Erzieher fehlen, muss eine Kita in der Gemeinde Bernitt in Mecklenburg-Vorpommern vorerst schließen. Sechs von acht Fachkräften sind krankgeschrieben. Nur eine Notbetreuung ist noch möglich, Eltern sollen ihre Kinder wenn möglich selbst betreuen.
Doch Bernitt ist längst kein Einzelfall mehr: Obwohl in den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern so viele Erzieher wie noch nie arbeiten, droht vielerorts Personalmangel – und im schlimmsten Fall die Schließung der Einrichtung. Denn fast die Hälfte der Erzieher im Land ist bereits über 50 Jahre alt. "Die Demografie macht uns Sorgen", sagt Alexander Kujat, Sprecher von Sozialministerin Stefanie Drese (SPD), gegenüber der Ostsee-Zeitung.
Geburtenzahlen steigen
"In ländlichen Gegenden ist es für die Träger oft schwierig, ausreichend Fachkräfte zu finden", heißt es aus dem Ministerium. Und: In vielen Gegenden des Landes steigen die Geburtenzahlen, müssen perspektivisch auch mehr Kinder betreut werden – von mehr Erziehern. "Wenn wir zudem in die Qualität, also einen besseren Betreuungsschlüssel, investieren wollen, brauchen wir nochmals mehr Personal", so Kujat. Vor drei Jahren habe das Land die Ausbildung umgestellt – mehr Praxisanteil, ein Jahr weniger. Aktuell absolvieren rund 120 junge Erzieher die Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern.
Das Problem ist nicht neu und zieht sich flächendeckend durch alle Bundesländer. Laut Bertelsmann Stiftung besuchen in Deutschland fast drei von vier Kindern eine Kita oder eine Krippe mit zu wenig Personal. Im krassen Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass immer mehr Eltern in Deutschland ihre Kinder in Kitas oder von Tageseltern betreuen lassen – auch unter drei Jahren. Das Statistische Bundesamt bestätigte einen Anstieg um 1,3 Prozent. Damit wird jedes dritte Kind unter drei Jahren auf diese Weise betreut.
Zu wenig Wertschätzung
In einem Interview des RedaktionsNetzwerks Deutschland mit Kita-Leiterin Susanne Schnieder kritisiert diese: "Es fehlt an Wertschätzung für diesen tollen Beruf. Ein einfaches Beispiel: Wenn Sie auf einer Party erzählen, dass Sie in einer Kita arbeiten, kommen immer die gleichen Sätze: 'Das könnte ich ja nicht' oder 'Oh Gott, wie hältst du das durch?'"
Dazu kommt die weit verbreitete Vorstellung, dass wir den ganzen Tag spielen und Kaffee trinken.
Diese geringe Wertschätzung zeigt sich auch im Gehalt, in der mangelhaften Ausstattung der Kindertagesstätten oder im respektlosen Verhalten mancher Eltern gegenüber den Pädagoginnen. Auch fehle eine Aussicht auf Karriere, und Fortbildungen werden nicht zusätzlich honoriert.
Mit etwas Pech kriecht man mit 60 Jahren immer noch über den Spielteppich", so Schnieder.
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