Stichwahlen in NRW: CDU holt Düsseldorf – Grüne rücken erstmals an die Spitze großer Städte

CDU und SPD haben bei den Oberbürgermeister-Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen sowohl Siege als auch Niederlagen verbucht. Besonders bitter für die SPD dürfte der Verlust der Landeshauptstadt sein. Die großen Gewinner vom Sonntag sind jedoch wieder einmal die Grünen.

Am Sonntag ging es in den größten Städten Nordrhein-Westfalens bei den Stichwahlen um das jeweilige Amt des Oberbürgermeisters (OB). SPD und CDU konnten sowohl Siege, aber auch Niederlagen verbuchen. Vor allem für die Sozialdemokraten gab es einen sehr bitteren Wahlausgang. Die CDU eroberte das Rathaus in Düsseldorf zurück und stellt nun erstmals wieder in der Landeshauptstadt eines großen deutschen Flächenlandes den Oberbürgermeister. Der CDU-Herausforderer Stephan Keller gewann die Stichwahl gegen den bisherigen SPD-Amtsinhaber Thomas Geisel deutlich. Keller erhielt nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 55,99 Prozent der Stimmen, Geisel 44,01 Prozent.

SPD verliert Düsseldorf, verteidigt aber ihre Herzkammer Dortmund 

Sechs Jahre nach der Übernahme durch die SPD kommt somit das Oberbürgermeister-Amt wieder in CDU-Hand. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, die Düsseldorfer und Keller hätten die "Ehre der CDU" gerettet. Laschet ergänzte: 

Wir können auch in großen Städten gewinnen.

CDU-Kandidaten gewannen auch in Münster, Oberhausen und Mülheim an der Ruhr.

Die SPD verlor auch in Wuppertal. Die Grünen gewannen mit Uwe Schneidewind, einem langjährigen Chef des renommierten Wuppertaler Instituts für Klima, Energie und Umwelt, in einem Kopf-an-Kopf-Rennen die Stichwahl gegen den SPD-Amtsinhaber Andreas Mucke. Andernorts konnten die Sozialdemokraten auch Erfolge verbuchen. In Hamm löste der SPD-Politiker Marc Herter (46) den langjährigen CDU-Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann ab. Der 67 Jahre alte Amtsinhaber kam nur auf 36,4 Prozent der Stimmen.

Auch in der einstigen CDU-Hochburg Mönchengladbach am Niederrhein gelang der SPD ein Überraschungserfolg. In Krefeld und Bielefeld verteidigte die SPD jeweils das Spitzenamt im Rathaus. Am wichtigsten für die Sozialdemokraten war aber die Verteidigung der größten Stadt des Ruhrgebiets – Dortmund: Thomas Westphal gewann dort mit 52 Prozent der Stimmen das symbolträchtige Duell um den Chefposten gegen seinen CDU-Kontrahenten Andreas Hollstein, bisher Bürgermeister von Altena. Seit 1946 hat die SPD in Dortmund ununterbrochen den Oberbürgermeister gestellt. Der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans sagte der Rheinischen Post:

Wir freuen uns riesig mit Thomas Westphal, der Dortmund gegen einen CDU-Kandidaten verteidigt hat. Bitter sind dagegen zweifellos die Wahlausgänge in Düsseldorf und Wuppertal.

Grüne eroberten erstmals die Spitzenposten auch in den Rathäusern von Bonn und Aachen

Die großen Gewinner der OB-Stichwahlen sind damit jedoch wieder einmal die Grünen. Neben Wuppertal eroberten sie erstmals auch die Spitzenposten in den Rathäusern von Bonn und Aachen. In Köln behauptete sich die von den Grünen und der CDU unterstützte parteilose Politikerin Henriette Reker. Nach Auszählung aller Stimmen stand die 63-Jährige bei 59,3 Prozent, ihr SPD-Herausforderer Andreas Kossiski kam auf 40,7 Prozent.

Die Grünen bezeichneten das Ergebnis der Wahlen am Sonntag als "historisch". "Jetzt führen Grüne mindestens 13 Städte und Gemeinden an", kommentierten die Landesvorsitzenden Mona Neubaur und Felix Banaszak. Die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock twitterte:

Was für grandiose Ergebnisse aus NRW!

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sieht in diesen Erfolgen einen gesellschaftlichen Wunsch nach Veränderung.

Die Leute wollten, dass wir was gestalten und dass es vor allem bei drängenden Zukunftsfragen nicht einfach die Botschaft gibt: Alles soll so bleiben wie es ist", sagte Haßelmann im Deutschlandfunk-Interview.

Nach Ansicht von Norbert Röttgen, Kandidat für den CDU-Vorsitz, ist erkennbar, dass der Kampf um die Mitte gerade in den großen Städten entscheidend für Siege und Verluste ist. Gegenüber der Rheinischen Post sagte Röttgen: 

Dieser Kampf wird mittlerweile zwischen der CDU und den Grünen ausgetragen. Wir müssen daraus für die Bundestagswahl lernen, weil wir die größten Überschneidungen der Wählerschaft mit den Grünen haben.

Für die Bundestagswahl müsse die CDU "nicht grüner als die Grünen werden, aber besser".

Der NRW-SPD droht nach den Kommunalwahlen ein Machtkampf. Zwar wurde ein politisches Beben nach dem knappen Sieg in Dortmund abgewendet. Landeschef Sebastian Hartmann gesteht aber auch empfindliche Niederlagen ein. "Durchmischt" sei die Bilanz. "Wir wollen aus Fehlern lernen und den Wahlsiegern zuhören", sagte er.

Eine Doppelspitze soll den Sozialdemokraten in NRW künftig Erfolg bringen

Das Heil soll dem mitgliederstärksten Landesverband möglicherweise eine Doppelspitze bringen, wie sie auch auf Bundesebene eingeführt wurde. Dafür soll die Satzung beim Landesparteitag im November geändert werden. Eine Doppelspitze müsste mit einem Mann und einer Frau besetzt werden. Diesbezüglich sagte Hartmann, dass in der Bundes-SPD die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zusammen mit dem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz "ein Signal der Stärke und Einheit gesetzt" hätten. Der NRW-SPD-Chef appellierte auch an die Geschlossenheit der Partei im mitgliederstärksten Landesverband der Sozialdemokraten.

Wir schulden den Wahlkämpfern die Einheit der Partei.

Die Strukturfrage einer Doppelspitze dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD die Frage beantworten müsse, was sie besser könne als andere Parteien. Zudem machte Hartmann seinen Führungsanspruch klar. "Ich stehe als Landesvorsitzender weiter zur Verfügung", betonte der SPD-Bundestagsabgeordnete. Im SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty hat er aber einen mächtigen Gegenspieler.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland hatte die CDU den ersten Wahlgang am 13. September klar gewonnen. Die Christdemokraten erreichten bei den Wahlen zu Stadträten, Gemeindevertretern und Kreistagen 34,3 Prozent der Stimmen. Die SPD blieb trotz hoher Verluste mit 24,3 Prozent zweitstärkste Kraft. Die Grünen dagegen konnten sich um 8,3 Punkte auf 20 Prozent steigern und erreichten ihr bestes Ergebnis bei einer NRW-Kommunalwahl. Die FDP kam auf 5,6 Prozent, die Linke auf 3,8 Prozent, die AfD auf 5 Prozent.

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(dpa/rt)