Bundesjusitzministerin Christine Lambrecht hat sich für ein Demokratiefördergesetz ausgesprochen, mit dem die Aufklärung über Extremismus und Verschwörungstheoretiker verstärkt und institutionalisiert werden soll.
Doch viele gesellschaftliche Projekte zur Stärkung der Demokratie hätten nur eine befristete Finanzgrundlage, so Lamprecht. Die Organisationen könnten nicht langfristig planen. Ein Demokratiefördergesetz würde eine dauerhafte Finanzierung sicherstellen.
So könnten die Organisationen nicht längerfristig planen, und es sei schwer, kompetente Mitarbeiter auf Dauer zu halten. Extremisten arbeiteten häufig mit grob unwahren und gefälschten Nachrichten, die sich in Windeseile im Netz verbreiten.
Weiterhin sagte Lambrecht:
Wir können und wollen solchen Blödsinn nicht verbieten. Deswegen müssen wir schon in der Schule die Kritikfähigkeit der Kinder stärken, damit sie nicht auf dumpfe Parolen und idiotische Mythen hereinfallen. Sondern erkennen, dass dahinter Ideologien stecken, die sich gegen die Demokratie und die freiheitliche Gesellschaft richten.
Lambrecht wiederholte heute ihre Forderung in der Aktuellen Stunde im Bundestag, die auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zum Thema Extremismus heute anberaumt worden war.
An die Adresse der Union erklärte sie, wenn die Entwicklung es erfordere, müsse man manchmal seine Haltung ändern. Deshalb werde sie das Gesetz nun vorlegen und dann mit den Koalitionspartnern weiter darüber diskutieren. Die Unionsfraktion im Bundestag lehnt ein Demokratiefördergesetz bisher ab.
Nur Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich hingegen offen dafür gezeigt. Das Vorhaben soll die Finanzierung privater Initiativen und Vereine verbessern, die sich gegen Extremismus und Antisemitismus einsetzen. Wie der Spiegel berichtet, ist Seehofer auf die Linie von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) eingeschwenkt. Bisher hatten sich Seehofers Ministerium und auch die Unionsfraktion im Bundestag dagegen gesperrt, die Initiativen dauerhaft wirkungsvoller zu unterstützen.
Die Forderung nach einem Gesetz für Demokratieförderung geht nämlich auf Giffey zurück. Nach den Ausschreitungen in Chemnitz 2018 forderte sie angesichts der fremdenfeindlichen Demonstrationen ein Gesetz zur Demokratieförderung. Ein solches Gesetz müsse "unmissverständlich klar machen, dass es auch die Aufgabe des Staates sei, die demokratische Bildung junger Menschen auf allen Ebenen zu organisieren."
Vor allem bei der politischen Bildung junger Menschen gebe es Nachholbedarf. Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 20.10.2019 am jüdischen Yom Kippur hatte Giffey ihre Forderung wiederholt.
Seit 2015 fördert die Bundesregierung mit dem Bundesprogramm "Demokratie leben" Projekte gegen Extremismus, vorwiegend gegen Rechtsextremismus. Das Programm ist in diesem Jahr mit 115,5 Millionen Euro ausgestattet. Die Finanzierung ist bis 2023 in jährlich mindestens gleicher Höhe wie für 2020 gesichert. Initiativen müssen aber nach jedem Förderzyklus wieder innovative Ideen vorbringen, um weitere Mittel zu erhalten. Sie kritisieren, dass ihre Arbeit damit kaum verstetigt werden kann.
Es ist deshalb Zeit für ein Demokratiefördergesetz – ein Gesetz für eine starke Zivilgesellschaft. Denn bislang können wir engagierte Menschen zwar unterstützen, die Förderung kann sich aber immer nur auf Projekte beziehen. Und Projekte haben nun mal einen Anfang und ein Ende,
so Giffey. Das schaffe für alle Beteiligten Planungssicherheit und Kontinuität.
Auch die Grüne-Politikerin Claudia Roth hatte eine gesetzlich verankerte Demokratieförderung verteidigt.
"Wie schützen wir Menschen effektiv vor rechtsextremer Bedrohung und Gewalt? Das heißt: Waffenrecht, immer noch viel zu locker. Das heißt, wir haben ein Vollzugsdefizit bei Delikten. Und wir haben immer und immer wieder das Problem, dass Opferberatungsstellen nicht wissen, ob sie im nächsten Jahr noch gefördert werden. Wir brauchen endlich ein Demokratieförderungsgesetz, das dauerhaft absichert all diejenigen, die für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat eintreten."
Das Problem für die geförderten Initiativen ist, dass sie Geld nur für einen begrenzten Zeitraum bekommen. Danach müssen sie einen neuen Antrag stellen. Zum Teil sind sie gezwungen, ihre Projektbeschreibungen abzuwandeln, um neu bei der Geldvergabe Berücksichtigung zu finden. Hinzu kommt: Den Förderanteil der Bundesprogramme müssen die Initiativen durch Landes-, kommunale oder andere Geldmittel komplementär ergänzen, damit die Bundesförderung fließt. Das überfordert vor allem kleine Vereine.
Anmerkung der Redaktion: In der ersten Fassung des Artikels wurde das Wort "Demokratieförderungsgesetz" gebraucht. In der aktuellen Fassung haben wir es in "Demokratiefördergesetz" geändert. Beides wird in den Medien und in der Politik verwendet.