Die Bundesregierung lehnt weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen ab und strebt sogar eine teilweise Verschärfung der Auflagen an. Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht auch, die Länder wieder zu einem abgestimmten und regional angepassten Handeln zu bewegen. Zum Auftakt ihrer Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag forderte Merkel nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa ein "Signal der einheitlichen Maßstäbe bei der Bekämpfung".
In den vergangenen Wochen war immer mehr Unverständnis über zum Teil deutlich auseinanderliegende Vorschriften etwa im Umgang mit dem Schulbeginn, privaten Feiern oder Großveranstaltungen in den einzelnen Ländern laut geworden. Zuletzt hatte Merkel mit den Länderregierungschefs am 17. Juni gemeinsam über Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beraten.
In einer Beschlussvorlage des Bundes für die Runde heißt es jetzt, bei der Pandemiebekämpfung müsse "berücksichtigt werden, dass es regional sehr unterschiedliche Infektionsgeschehen gibt. Hohe Infektionszahlen erfordern und legitimieren andere Maßnahmen als niedrige Infektionszahlen". Deshalb bedeute ein abgestimmtes Handeln, "dass nach gleichen Prinzipien, aber immer angepasst an das regionale Infektionsgeschehen gehandelt wird".
Als "Infizierten" werten das Robert Koch-Institut (RKI) und die Regierung jeden positiv auf das Coronavirus Getesteten. Jeder "Infizierter" wird als an COVID-19 Erkrankter gezählt, unabhängig davon, ob bei ihm Symptome auftreten oder nicht.
Zur Begründung der Maßnahmen wird immer wieder auf die angeblich gestiegenen Infektionszahlen verwiesen. Das RKI meldete am frühen Donnerstagmorgen 1.507 neue "Corona-Infektionen". Am Mittwoch waren es 1.576. Nicht erwähnt wird dabei, dass die Zahl der Tests in der vergangenen Kalenderwoche auf 987.423 ausgeweitet wurde – und die Quote der positiven Testergebnisse sogar auf 0,88 Prozent sank.
Auf die eingeschränkte Verlässlichkeit der nicht validierten PCR-Tests als Grundlage sämtlicher Maßnahmen wird nicht eingegangen. Deren Fehlermarge ist größer als der Anteil der positiv Getesteten. Die Tests lassen selbst nach Herstellerangaben keinen sicheren Rückschluss auf das Vorhandensein eines Virus zu. Allein mit dem Durchführen von immer mehr Tests wird man immer mehr "Infizierte" erhalten, was nichts über die tatsächliche Verbreitung des Virus oder der Krankheit COVID-19 aussagt.
Keine Erwähnung findet auch die Tatsache, dass die Zahl der positiv getesteten Intensivpatienten mit bundesweit 228 weiterhin sehr niedrig liegt, in den Krankenhäusern also von der angeblich grassierenden Pandemie nichts zu spüren ist.
Trotzdem sind in der Beschlussvorlage weitere Verschärfungen vorgesehen. Demnach will die Kanzlerin unter anderem durchsetzen:
- dass bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein Bußgeld von mindestens 50 Euro erhoben wird. In einigen Bundesländern wird derzeit noch kein Bußgeld erhoben – etwa in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland.
- Großveranstaltungen wie Volksfeste, größere Sportveranstaltungen mit Zuschauern, größere Konzerte, Festivals oder Dorf-Schützenfeste sollen nach Vorstellungen Merkels bis mindestens 31. Dezember 2020 verboten bleiben. Ausnahmen könne es in Regionen mit sehr geringen Infektionszahlen geben.
Über die Zulassung von Weihnachtsmärkten und Karnevalsveranstaltungen will Merkel erst später entscheiden. Das müsse heute nicht geschehen, sagte sie nach Informationen der dpa in den Beratungen mit den Ministerpräsidenten.
- Feiern im Privatbereich sollen demnach auf 25 Teilnehmer beschränkt werden. Bevorzugt sollten diese Zusammenkünfte im Freien abgehalten werden. Bei privaten Veranstaltungen und Feiern außerhalb des Privatbereichs sollten aus Sicht des Bundes künftig 50 Teilnehmer erlaubt sein. Nur in Hamburg gibt es derzeit eine vergleichbar strenge Regelung.
- Zudem will Merkel bei Reisen ins Ausland die kostenlosen PCR-Tests für Einreisende aus Nicht-Risikogebieten nach den Sommerferien mit dem 15. September beenden. In der Beschlussvorlage wird darauf hingewiesen, dass Reiserückkehrer aus Risikogebieten in jedem Fall verpflichtet seien, sich unverzüglich für 14 Tage nach ihrer Einreise in Quarantäne zu begeben.
Auf die Einführung des Mindestbußgelds von 50 Euro bei Verstößen gegen die Maskenpflicht sollen sich Bund und Länder laut dpa mittlerweile verständigt haben. Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff hatte dies demnach in der Diskussion abgelehnt und erklärt, er werde die Regelung in seinem Land nicht mitmachen, was er in einer Protokollnotiz festhalten lassen wollte.
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(rt/dpa)