Werden Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen über Jahreswechsel hinaus verlängert?

Wichtige Entscheidungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise werden angekündigt. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, der Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will den Mittelstand weiter mit Überbrückungshilfen unterstützen.

Um eine riesige Pleitewelle bei Unternehmen und damit einen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, will die Bundesregierung bei den Corona-Hilfen nachsteuern. Im Fokus stehen vor allem eine Verlängerung von Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen für den Mittelstand. Dabei geht es um Milliardenbeträge.

Die Regierung will am Dienstag im Koalitionsausschuss unter anderem über die Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten.

Ich werde dem Koalitionsausschuss am Dienstag vorschlagen, dass wir die Brücke der Kurzarbeit zunächst über den Jahreswechsel hinaus verlängern und sie im Jahr 2021 dann Stück für Stück zurückführen", so Arbeitsminister Hubertus Heil für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Die Bundesregierung arbeite daran, die nötigen Rechtsänderungen im September auf den Weg zu bringen. Konkret gehe es ihm um eine Verlängerung der Laufzeit von Kurzarbeit von bisher 12 auf bis zu 24 Monate in Betrieben.

Im Arbeitsministerium soll bereits ein Konzept für die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vorliegen. Regulär beträgt das Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, für Berufstätige mit Kindern sind es 67 Prozent.

Die Bundesregierung hatte in der Corona-Krise aber sogar beschlossen, das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Ab dem vierten Monat wird es nun auf 70 beziehungsweise 77 Prozent erhöht, ab dem siebten Monat auf 80 beziehungsweise 87 Prozent.

Die Unionsfraktion ist zu einer Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bereit, wenn die Voraussetzungen dafür verschärft werden. Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte der Rheinischen Post:

Wir müssen die Bedingungen nachschärfen, damit Mitnahmeeffekte ausgeschlossen werden.

Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 87 Prozent des Nettolohns müsse auf das alte Niveau heruntergefahren werden, sagte der CDU-Politiker.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir das Geld nicht mehr mit vollen Händen ausgeben können.

Die Verlängerung der Zahlung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate könnte zwischen 5 und 10 Milliarden Euro kosten, schrieb die BamS. Die Höhe der Kosten sei davon abhängig, wie viele Beschäftigte 2021 und 2022 noch von Kurzarbeit betroffen sein werden.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) macht sich derweil für eine Verlängerung der Überbrückungshilfen für den Mittelstand bis Ende des Jahres stark, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Gerade der Mittelstand und dessen Beschäftigte bräuchten weiterhin dringend Hilfe, um die schwierige Zeit zu überstehen. In den von den Einschränkungen besonders betroffenen Bereichen sei die Lage weiterhin ernst.

Die staatlichen Überbrückungshilfen laufen bisher bis Ende August. Die Antragsfrist war bis Ende September verlängert worden, also sind Zahlungen auch rückwirkend möglich. Für die Zuschüsse an die Firmen hat der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant. Unterstützt werden sollen vor allem kleine und mittelständische Firmen aus Branchen wie der Reisewirtschaftdem Hotel- und Gaststättengewerbe, dem Kulturbereich oder den Schaustellern, die weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben.

Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einem Betrag von insgesamt 150.000 Euro über drei Monate. Die Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden. Bisher wurden bei den Überbrückungshilfen rund 38.000 Anträge gestellt, und es wurde damit ein Fördervolumen von über 700 Millionen Euro beantragt, wie es im Wirtschaftsministerium hieß. Damit ist viel Geld aus dem Milliardentopf noch nicht abgeflossen.

Die Antragszahlen stiegen jedoch täglich an und würden gerade von kleinen und mittleren Unternehmen stark nachgefragt, hieß es. Rund 94 Prozent Anträge seien aktuell von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten gestellt worden. Rund 30 Prozent der Anträge kämen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, 10 Prozent aus der Reisewirtschaft, weitere vor allem aus dem Kulturbereich sowie der Veranstaltungsbranche.

Die Bundesregierung hatte zuvor bereits milliardenschwere Rettungsprogramme beschlossen, etwa Sonderkredite und Soforthilfen für Kleinstfirmen. Damit sollte verhindert werden, dass Firmen das Geld ausgeht und Jobs vernichtet werden. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland war im zweiten Quartal eingebrochen. Für das Gesamtjahr wird die schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte erwartet.

Angesichts der wieder steigenden Zahl von Neuinfektionen wird in der Wirtschaft eindringlich vor der Gefahr eines zweiten Lockdowns gewarnt. Der Chef der sogenannten Wirtschaftsweisen, Lars Feld, sagte der dpa:

Das wäre wirtschaftlich gesehen eine Katastrophe. Es besteht dann die Gefahr einer dauerhaften Abschwächung des Wachstums. 

Ein zweiter Lockdown würde dazu führen, dass eine Reihe von Unternehmen, die noch überlebt haben, in die Insolvenz gehen müsste.

Der Bundesverband der Freien Berufe forderte die schwarz-rote Koalition zu Nachbesserungen bei den Corona-Hilfen auf. Hauptgeschäftsführer Peter Klotzki sagte der Nachrichtenagentur dpa, gerade Solo-Selbstständige würden seit rund einem halben Jahr im Stich gelassen.

Dies befördert die Bereitschaft zur Selbstständigkeit nicht, sondern würgt sie ab.

Die geplante Verlängerung des Kurzarbeitergeldes sei ein geeignetes Instrument, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, betonte Klotzki. 

Allerdings fallen die Hilfsinstrumente damit weiterhin auseinander: Gerade Solo-Freiberufler und diejenigen mit wenigen Mitarbeitern werden gegenüber Arbeitnehmern weiter benachteiligt.

(rt/dpa)