79 Bewerber gab es auf die Stelle des neuen Integrationsbeauftragten von Berlin Neukölln, sechs wurden zur Vorstellungsrunde bei Bezirksbürgermeister Martin Hikel geladen. Die Publizistin Güner Balci, gebürtige Neuköllnerin mit türkischen Wurzeln, machte das Rennen. Die Tochter alevitischer Türken hat ihre Kindheit und Jugend in Neukölln verbracht. Viele ihrer früheren journalistischen Arbeiten zeichnen sich durch eine kritische Haltung gegenüber islamistischen und nationalistischen Organisationen aus.
Einen Schwerpunkt für ihre neue Aufgabe in Neukölln sieht die neue Integrationsbeauftragte unter anderem darin, "die rechte Szene dort intensiv zu beobachten und den Betroffenen zur Seite zu stehen", heißt es in einer Pressemitteilung des Neuköllner Bezirksamts.
Kritik an dieser Besetzung kommt von den Berliner Linken und den Grünen:
Was für eine bizarre Fehlbesetzung! Hey, hier ist nicht mehr Buschkowsky-Time", postete auf Facebook die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld.
"Frau Balci ist für Aussagen wie 'Der Islam ist eine geladenen Waffe' bekannt", kritisiert die Neuköllner Linke.
Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel hingegen verteidigt die Entscheidung: "Frau Balci setzt sich seit Jahren dafür ein, denen eine Stimme zu geben, die sonst keine haben. Junge Frauen zu emanzipieren und empowern, auch gegen patriarchale Strukturen."
Auch der Berliner Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt Balcis Ernennung als "politisches Signal aus Neukölln". "Sie war für uns stets eine vertraute Ansprechpartnerin und Mitstreiterin", erklärt LSVD- Geschäftsführer Jörg Steinert gegenüber der Tageszeitung taz. Eine inhaltliche Nähe zu Thilo Sarrazin kann Steinert nicht erkennen.
Bekannt wurde die Journalistin und frühere Sozialarbeiterin 2011, als sie für einen ZDF-Beitrag mit Sarrazin durch Kreuzberg lief, um dort auf Märkten und vor Restaurants das Gespräch zu suchen. Die Tour musste abgebrochen werden, nachdem Menschen auf der Route lautstark gegen Sarrazin protestiert hatten.
Unterstützer von Balci, die auch mehrere Bücher verfasst hat, etwa "Arabboy" und "Arabqueen" über das Aufwachsen arabischstämmiger Jugendlicher in Neukölln, loben sie als engagierte Journalistin, die auch kritische Entwicklungen in den migrantischen Communitys anspreche.
Manche Beiträge von Balci waren teilweise diskriminierend. Ich hoffe aber, dass sie mittlerweile eine moderate Position vertritt, was für ihre Arbeit als Integrationsbeauftragte notwendig ist", sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln, Bernd Szczepanski
Ein weiterer Kritikpunkt, den Szczepanski anspricht: Der Migrationsbeirat wurde nicht von Anfang an in die Diskussion um die Ernennung der Integrationsbeauftragen einbezogen.
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