Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat das geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie ab 2021 auf den Weg gebracht. Der SPD-Politiker habe den Gesetzesentwurf zur Abstimmung in der Regierung verschickt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus Regierungskreisen. Das Kabinett solle am 29. Juli zustimmen.
Die Bundesregierung reagiert damit auf die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen, in denen sich Hunderte Beschäftigte infiziert haben. Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht zudem schärfere Vorschriften für Gemeinschaftsunterkünfte von Beschäftigten und eine Mindestquote von jährlichen Vor-Ort-Kontrollen in den Betrieben vor.
Das Schlachten, Zerlegen und die Verarbeitung von Fleisch, darf demnach ab Anfang nächsten Jahres nur noch von Arbeitnehmern des eigenen Betriebes erledigt werden. "Der Einsatz von Werkvertrags- und Leiharbeitnehmern ist damit künftig in diesem Bereich nicht mehr zulässig", heißt es in dem Entwurf für ein Arbeitsschutzkontrollgesetz. Davon ausgenommen sollen Kleinbetriebe mit bis zu 30 Beschäftigten sein.
Heil will außerdem eine neue Bundesfachstelle "Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit" schaffen, die die Vor-Ort-Kontrollen überwachen soll. Bis zum Jahr 2026 sollen fünf Prozent aller von den Neuregelungen betroffenen Betriebe pro Jahr kontrolliert werden, heißt es weiter. Zudem müsse die Arbeitszeit der Mitarbeiter in der Fleischindustrie elektronisch erfasst werden, um die Kontrollen zu vereinfachen. Ein ähnliches System gibt es bereits für Lkw-Fahrer, deren Arbeits- und Ruhezeiten ebenfalls elektronisch erfasst und vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) stichprobenartig überprüft werden.
Der Gesetzentwurf betrifft eine Branche, die immer wieder mit schlechten Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen von sich reden gemacht hatte. Die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen hätten "das Augenmerk verstärkt auf die Arbeitsbedingungen einer Branche gelenkt, die schon in der Vergangenheit wegen dieser Arbeitsbedingungen immer wieder in die Kritik geraten ist", heißt es weiter. Selbstverpflichtungen, schärfere Regeln und Kontrollen hätten keine Verbesserung gebracht.
"Bei den Vorgängen in der Fleischindustrie zeigt sich ein massiver Missbrauch von Werkverträgen", erklärte der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels der Unions-Fraktion im Bundestag, Uwe Schummer.
Im Wettbewerb um billiges Schlachten werden Betriebe unter Druck gesetzt, die sich an Regeln und an eine direkte Beschäftigung halten.
Der CDU-Politiker plädierte für ein klares Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der Großschlachtereien.
Mit den neuen Regeln soll erreicht werden, dass der Schlachthofbetreiber die Verantwortung für Missstände nicht länger auf Subunternehmer abwälzen kann, bei denen er über Werkverträge Arbeitsleistungen einkauft. Genaue Zahlen zum Ausmaß der Werkverträge gibt es nicht. Vielfach mache betriebsfremdes Personal in der Fleischindustrie über die Hälfte der Arbeitnehmer aus, heißt es im Gesetzentwurf.
In Schlachterei- und Fleischverarbeitungsbetrieben mit mehr als 50 Beschäftigten arbeiteten im April 2020 laut Statistischem Bundesamt rund 100.000 Personen. Der Umsatz wächst seit Jahren auf Rekorde: 563 Betriebe mit 50 oder mehr Beschäftigten erzielten 2019 einen Umsatz von rund 39,7 Milliarden Euro. Das waren 7,9 Prozent mehr als 2018. Die Fleischindustrie machte 2019 gut ein Viertel des Umsatzes im Ernährungsgewerbe aus.
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(rt/reuters)