von Zlatko Percinic
Gleich zwei türkische Minister reisten am Donnerstag nach Deutschland, um mit Vertretern der Bundesregierung über die Reisewarnungen zu sprechen. Ankara möchte die Warnungen aufgehoben haben, damit deutsche Touristen unbeschwert ihren Urlaub in dem Land genießen können. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu traf sich mit seinem Amtskollegen Heiko Maas (SPD), und Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy war zu Gast bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Bei der anschließenden Pressekonferenz mit Maas und Çavuşoğlu warf der türkische Gast der EU vor, die Einreisebeschränkungen für seine Landsleute aus "politischen Motiven" aufrechtzuerhalten. Bei anderen Ländern, die eine schlechtere Corona-Bilanz aufzuweisen hätten als die Türkei, habe man trotzdem die Einreisesperre aufgehoben.
Tatsächlich gab es eine Vielzahl anderer Themen, die die beiden Außenminister zu besprechen hatten. Auch Deniz Yücel, der fast ein Jahr (vom 27. Februar 2017 bis 16. Februar 2018) wegen angeblicher "Terrorpropaganda" in Istanbul in Untersuchungshaft saß, erinnerte die deutschen Minister daran, dass es viel zu besprechen gebe:
Nebst dem, was Yücel ansprach, gibt es eine Vielzahl anderer Probleme, die die Beziehungen zwischen der Türkei und verschiedenen EU-Ländern belasten: die Spannungen mit Griechenland wegen des Streits um Seegrenzen und Öl- und Gasbohrungen, den Libyenkrieg, die Verletzung des UN-Waffenembargos, den Bruch der Abmachungen der Berliner Libyen-Konferenz oder auch den Streit mit Frankreich.
Maas zog es vor, zu diesen kontroversen Themen zu schweigen, obwohl er noch gestern, am Tag der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft vollmundig erklärt hatte, dass man jetzt bei außen- und sicherheitspolitischen Fragen "noch enger zusammenrückt". "Europa wieder stark machen. Das ist unser Ziel", erklärte der Außenminister.
Einen leichten Anflug von Kritik konnte man nur vernehmen, als Maas kurz vor Ende der Pressekonferenz die türkischen Bohrungen vor Zypern anspricht, mehr aber auch nicht. Als dann die Frage auf den Vorfall vom 10. Juni fiel, als ein türkisches Kriegsschiff eine französische Fregatte vor der libyschen Küste mit einer Radarmarkierung erfasst hatte, verfiel er in beschwichtigende Plattitüden. Ganz anders sein Amtskollege Çavuşoğlu.
Dieser attackierte Frankreich und warf Paris vor, "nicht die Wahrheit" zu sagen und forderte eine "bedingungslose" Entschuldigung. Maas unternahm nichts, sagte kein Wort dazu und ließ den Vorwurf der Lüge schlicht im Raum des Auswärtigen Amtes stehen. Das war keine diplomatische Glanzstunde des SPD-Politikers, der sich zudem anschickt, "Europa wieder stark machen" zu wollen, während selbst die größte Fraktion im EU-Parlament von einer "türkischen Aggression" im östlichen Mittelmeer spricht.
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