Der Militärische Abschirmdienst (MAD), zu dessen Aufgaben die Überwachung extremistischer Umtriebe in der Bundeswehr und dem Kommando Spezialkräfte gehört, soll Soldaten regelmäßig über die Ermittlungen informiert haben.
Im Mai hatte die Polizei nach Hinweisen des MAD im Garten des KSK-Oberstabsfeldwebels Philipp Sch. im sächsischen in Collm ein Waffenversteck mit zwei Kilo Bundeswehrsprengstoff, Tausenden Schuss Truppenmunition, einem Kalaschnikow-Sturmgewehr und reichlich Nazi-Devotionalien ausgehoben.
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Kurz danach gab ein an den Ermittlungen gegen den Oberstabsfeldwebel Sch. beteiligter Oberstleutnant des MAD Dokumente über den Fund an einen befreundeten Soldaten der Eliteeinheit weiter, samt Warnungen wegen der laufenden Ermittlungen des MAD. Aufgrund der unberechtigten Weitergabe von Informationen über laufende Ermittlungen des MAD sei der Mitarbeiter der Extremismusabwehr umgehend suspendiert worden.
Der Verstoß sei durch eigene Sicherheitsmaßnahmen aufgedeckt worden, sagte ein Sprecher des Militärgeheimdienstes der Deutschen Presse-Agentur. Die laufenden Ermittlungen seien durch die Indiskretion demnach nicht gefährdet worden
Dieser jüngste aus einer Reihe heikler Vorfälle wirft Fragen auf, die systemischer Natur sind, bisher von der Bundesregierung aber unbeantwortet blieben.
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Ebenfalls im Juni wurde ein zwölfseitiger Brief eines Offiziers des Kommandos Spezialkräfte (KSK) über rechtsextreme Tendenzen und deren Vertuschung an die Verteidigungsministerin publik, der der Eindruck verstärkte, es könnte sich nicht allein um Einzelfälle handeln. Darin beklagt sich der für Kommandoausbildung zuständige KSK-Hauptmann darüber, "dass eine toxische Verbandskultur durch schwere Mängel im Bereich Ausbildung" entstanden sei. Konkret schreibt er über rechtsextreme Tendenzen und "kollektiv frustrierende Abhängigkeit der Auszubildenden gegenüber der Willkür von Ausbildern und Vorgesetzten, die zu einer Art Kadavergehorsam führen". Beschwerden würden unterdrückt und verschleppt, es gebe "strukturell gewachsene Probleme in Haltung und Menschenführung". "Eine offene Kommunikation von Missständen ist aufgrund der etablierten Führungskultur innerhalb der Ausbildung nicht möglich."
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Damit wurden die Rufe nach Auflösung des KSK lauter. Der Linken-Verteidigungsexperte Alexander Neu nannte den Brief des KSK-Hauptmanns einen "Alarmruf". "Rechtsextremistisches Gedankengut scheint in Teilen der Truppe fest verankert zu sein, ja sogar im sensiblen Bereich der Ausbildung zu dominieren", sagte er. Die Linke zweifele an der Reformierbarkeit des KSK und fordere daher die Auflösung "dieser Skandaltruppe".
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte, es müsse "knallhart und schonungslos" aufgeklärt werden, was beim KSK gelaufen sei. Gegebenenfalls müsse das Kommando neu aufgestellt werden. Einen Generalverdacht gegenüber den Soldaten wollte auch die FDP-Politikerin ebenso wenig zulassen wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).
Jetzt demonstriert das Verteidigungsministerium Handlungswillen. Für kommenden Montag kündigte Kramp-Karrenbauer einen Besuch mit einer Taskforce in Calw an, bei dem sie Gespräche mit Verantwortlichen und Soldaten des KSK führen will. Eine Entscheidung über die Auflösung oder eine Reform der Eliteeinheit soll am Dienstag fallen.
"Die überwiegende Mehrheit der Soldaten steht fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Ihnen bin ich es schuldig, Rechtsextreme aus der Bundeswehr zu entfernen", betonte Kramp-Karrenbauer im FAZ Podcast für Deutschland.
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