Weil sie offenbar bei gemeinsamen Feiern das Distanzgebot und die Hygieneauflagen nicht einhielten, haben sich in Göttingen Dutzende Mitglieder mehrerer Großfamilien mit dem Coronavirus infiziert. Nach Angaben des städtischen Gesundheitsamtes handele es sich bei den meisten Betroffenen um Angehörige verschiedener Großfamilien, die aus Göttingen und dem Umland stammen. Bereits am vergangenen Dienstag seien die ersten Infektionen registriert worden. Eine oder mehrere größere Familienfeiern sollen am Wochenende zuvor stattgefunden haben, hieß es seitens der Behörde.
Bisher 68 Positiv-Getestete, mehr als 300 Kontaktpersonen bislang identifiziert
Bisher wurden 68 Menschen positiv auf SARS-CoV-2 getestet, einer davon ist schwer erkrankt und wird stationärer behandelt. Viele der Betroffenen, die sich angesteckt haben, wohnen in dem Hochhauskomplex "Iduna-Zentrum", einem Gebäude mit 18 Stockwerken und 407 Wohnungen. Das gesamte Hochhaus mit rund 700 Bewohnern soll nach jetzigem Stand nicht unter Quarantäne gestellt werden. Mehr als 310 Menschen, die im Kontakt mit jenen waren, die nun positiven auf das Coronavirus getestet wurden, seien bislang identifiziert worden. Allein bis zu 200 davon sollen aus dem Kreis Göttingen stammen. Sie alle müssen sich nun testen lassen und in strenge Quarantäne begeben.
Sie dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen, auch nicht zum Einkaufen", betonte Stadtsprecherin Cordula Dankert.
Weil Dutzende mögliche Betroffene in Göttingen über das Pfingstwochenende zunächst nicht freiwillig zu einem Test erschienen seien, habe das Gesundheitsamt mit Unterstützung der Polizei die Menschen aufgesucht, teilte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder, am Dienstag mit. "Das läuft jetzt auch", so Schröder weiter. Zudem betonte sie: Wer sich nicht an eine Quarantäne-Auflage halte, begehe eine Straftat und könne vom Gericht in eine geschlossene Einrichtung überstellt werden.
Weitere Kontaktpersonen – mehr als 100 – wurden in anderen Teilen Niedersachsens, in Thüringen und Nordrhein-Westfalen ermittelt. Unter den Kontaktpersonen ersten Grades befänden sich nach Angaben der Stadt auch 57 Kinder und Jugendliche, was nun auch weitreichende Folgen für mehrere hundert Schüler hat. In 13 Schulen müssten die Sicherheitsvorkehrungen daher angepasst werden. Dazu zähle unter anderem die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes auf dem Schulgelände und in den Gebäuden, ausgenommen sind Klassenräume, teilte die Stadt mit. Zudem würden die Schulen verstärkt auf Krankheitsanzeichen achten. Sollte ein Schüler positiv auf das Coronavirus getestet werden, erhielten alle Mitschüler sowie deren Lehrkräfte als Kontaktpersonen ersten Grades eine Quarantäne-Verfügung.
Inzwischen ist im Zusammenhang mit diesem Corona-Massenausbruch auch eine illegal geöffnete Shisha-Bar in den Fokus der Behörden geraten. Bisher ist noch nicht ganz klar, was genau in der Göttinger Bar passiert ist. Fest stand am Pfingstmontag nach Angaben einer Sprecherin der Stadt Göttingen bisher nur: Die Bar hatte geöffnet, obwohl sie es wegen der Corona-Auflagen eigentlich noch nicht durfte. Und mehrere Menschen, die später positiv auf das SARS-CoV-2 getestet wurden, waren zuvor in dieser Bar.
Mehrere Jugendliche sollen in Shisha-Bar die gleiche Wasserpfeife geraucht haben
Laut einem Bericht des Göttinger Tageblatts sollen mehrere junge Männer nach den Familienfeiern in der Shisha-Bar zusammen die gleiche Wasserpfeife geraucht haben. Das Blatt beruft sich auf die Leiterin des Göttinger Krisenstabs, Petra Broistedt, die von einer "infektionshygienischen Katastrophe" durch die Männer sprach. Dem Lokal droht nun Bußgeld.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Dienstagmorgen sei die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit dem Coronavirus im Vergleich zu gestern um 213 gestiegen. Somit haben sich seit Beginn der Corona-Krise 182.028 Menschen in ganz Deutschland nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt. In den vergangenen 24 Stunden wurden weitere elf Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus gemeldet. Bislang starben nach RKI-Angaben insgesamt 8.522 Menschen. Etwa 166.400 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden, das sind 600 mehr als noch einen Tag zuvor.
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