"America First" lautet die Devise der Regierung von US-Präsident Donald Trump in der Innen- und Außenpolitik. Das hat die Europäischen Union im Handelsstreit zu spüren bekommen, aber kein weiteres Land aus dem Kreis der Alliierten Washingtons stand so oft unter heftiger Kritik wie Deutschland. Ob es Berlins Iranpolitik, Russlandpolitik, Nord Stream 2 oder Rüstungsausgaben waren: Deutsche nationale Interessen standen denen der USA in diesen Fragen im Wege.
US-Botschafter Richard Grenell sorgte dafür, dass die Bundesregierung, Medien und die Wirtschaft verstanden haben, dass Washington eine andere deutsche Politik erwartet. Eine, die dem Prinzip "America First" bedingungslos folgt und eigene nationale Erwägungen erst danach formuliert werden. Das konnte man deutlich sehen, als Grenell deutsche Unternehmen erpresst hatte, sie im Falle von weiteren Geschäften mit dem Iran vom US-amerikanischen Markt auszuschließen. Oder jenen Unternehmen mit Sanktionen drohte, die sich an dem Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 beteiligen.
Es wäre vermutlich naiv zu glauben, dass Grenells Vorgänger in Berlin sich lediglich als Vertreter ihrer Heimatländer im Gastland verstanden haben, sondern ebenfalls darauf bedacht waren, die US-Interessen durchzusetzen. Allerdings hat es keinen Botschafter gegeben, der sich so wenig um die diplomatische Etikette kümmerte und unverhohlen den absoluten Gehorsam einforderte, wie Grenell.
Dem Handelsblatt sagte er nun zum Abschied mit gewohnt forderndem Tonfall:
Deutschland muss aufhören, die Bestie zu füttern, während es zugleich nicht genug für die NATO zahlt.
Dem Sprachgebrauch des Kalten Krieges folgend, als Ronald Reagan die Sowjetunion als "Reich des Bösen" bezeichnete, nannte Richard Grenell nun Russland eine "Bestie". Damit wiederholte der Botschafter die Kritik von Präsident Trump, als er im Juli 2018 Bundeskanzlerin Angela Merkel vor laufenden Kameras sagte, dass "Deutschland komplett von Russland kontrolliert ist". Er bezog sich damals auf den deutschen Energieimport aus Russland, der Trumps Meinung nach viel zu hoch sei und im Gegensatz dazu sich Deutschland weigere, mehr für die NATO auszugeben.
Insbesondere die Nord Stream 2-Pipeline, die zusätzliches russisches Gas nach Europa bringen sollte, nannte Trump damals als "unangebracht". An dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert, wie Grenells Äußerungen nun zeigen. Zwar konnte das Projekt nicht verhindert werden, wie man es in Washington (und in Polen und Baltikum) nur zu gerne gesehen hätte, aber durch die Sanktionsandrohungen wurde die Fertigstellung verzögert.
Nachdem sich das Schweizer Unternehmen Allseas aus dem Projekt deswegen zurückgezogen hatte, meinte der russische Energieminister Alexander Nowak, dass Gazprom die Verlegung der Pipeline auch selbst hinbekommen werde. Tatsächlich verlegte der russische Gasgigant die Spezialschiffe Akademik Tscherski und Fortuna in die Ostsee, um die Arbeiten fortzusetzen.
Botschafter Grenell kündigte nun an, dass Washington deswegen weitere Sanktionen plane und solcherlei Pläne auch im Kongress Rückhalt genießen. Gegen wen und auf welcher Grundlage sich derlei Zwangsmaßnahmen beziehen könnten, ließ er hingegen offen.
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