Sollte Boris Palmer (Grüne) im Jahr 2022 bei der Oberbürgermeisterwahl in Tübingen erneut antreten, erhält er keine finanzielle oder logistische Hilfe seiner Partei. Die Partei werde Palmer bei einer erneuten Kandidatur in Tübingen und bei weiteren politischen Tätigkeiten nicht mehr unterstützen, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock am Montag in Berlin nach einer Videokonferenz des Parteivorstands. Weitere interne Sanktionen würden geprüft.
Palmers Aussagen zum Umgang mit hochbetagten Corona-Kranken sorgten für Empörung
Vor wenigen Tagen hatte der Tübinger Oberbürgermeister mit seinen Aussagen zum Umgang mit hochbetagten Corona-Kranken für massive Kritik gesorgt. So hatte er in Zusammenhang mit Forderungen nach einer Lockerung der Corona-Auflagen gesagt:
Ich sag es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.
Einige Kritiker nannten seine Äußerungen "menschenverachtend". Der Grünen-Politiker schüre Ängste Millionen alter Menschen, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Gegenwind bekam Palmer auch aus der eigenen Partei. Rund 100 Mitglieder der Grünen hatten in einem offenen Brief Palmers Parteiausschluss gefordert. Angesichts breiter Empörung entschuldigte er sich später. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bekräftigte er am Sonntag sein Bedauern, betonte allerdings auch, dass er sich falsch dargestellt fühle.
Bereits am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will" hatte sich Grünen-Vorsitzende Robert Habeck deutlich vom Tübinger Oberbürgermeister distanziert. Der Satz seines Parteikollegen sei falsch und herzlos gewesen.
Er spricht damit weder für die Partei noch für mich.
Nachdem Plamer am Sonntag "nachgelegt hat, muss ich sagen, dass meine Geduld wirklich erschöpft ist", so Habeck weiter. Zu einem möglichen Parteiausschlussverfahren äußerte sich der Grünen-Chef ausweichend.
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Palmer zeigte sich tags darauf überrascht über Habecks "erschöpfte" Geduld. So fragte er am Montag im Talkformat Bild live:
Mich wundert dieser Satz, denn was kann mir denn dieses Mal vorgeworfen werden?
Sein umstrittener Satz könne nicht widerlegt werden – "mit hoher Wahrscheinlichkeit ist er richtig".
Der Vorstand der baden-württembergischen Grünen will an diesem Freitag über den weiteren Umgang mit dem 47-Jährigen beraten. Neben einem Parteiausschlussverfahren, das als unwahrscheinlich gilt, sind in der Parteisatzung auch mildere Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen – etwa eine Verwarnung oder ein Ruhen der Mitgliedsrechte. Die beiden Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand und Sandra Detzer hatten sich ebenfalls von Palmers jüngsten Äußerungen distanziert und erklärt, Palmer spreche nicht für die Grünen.
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(dpa/rt)