Nach dem gewalttätigen Angriff auf ein ZDF-Kamerateam am Freitag in Berlin sind die Hintergründe der Tat weiterhin unklar. Derzeit wird von einem politisch motivierten Verbrechen ausgegangen. Die nach der Tat zunächst festgenommenen Personen wurden von Polizei und Staatsanwaltschaft dem linken Spektrum zugeordnet.
Das siebenköpfige Team der ZDF-Sendung "heute-show" hatte am Freitag bei einer Demonstration gegen die in der Corona-Krise verhängten staatlichen Maßnahmen gefilmt. Die Teilnehmer an diesen Demonstrationen, die eine ihrer Ansicht nach grundgesetzwidrige Einschränkung von Grundrechten beklagen, werden vom politischen und medialen Mainstream gern als Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker bezeichnet.
Auf dem Rückweg zu ihren Fahrzeugen wurden Personen des ZDF-Teams laut Polizeiangaben von einer Gruppe Vermummter angegriffen. In der Pressemitteilung der Berliner Polizei vom Samstag heißt es dazu:
Gegen 16.25 Uhr kam es in der Rochstraße in Mitte zu einem Angriff auf ein Kamerateam des ZDF, das in Begleitung von Mitarbeitenden eines Sicherheitsdienstes war. Nach bisherigen Erkenntnissen machte das sieben Personen große Team eine Pause, als es plötzlich und unvermittelt von rund 20 bis 25 vermummten Personen angegriffen worden sein soll. Die Personen sollen geschlagen, offenbar auch mit einer Metallstange, und als sie auf dem Boden lagen, getreten worden sein. Anschließend flüchteten die Tatverdächtigen. Alarmierte Polizeikräfte konnten kurz darauf in der Nähe zwei Frauen und vier Männer als Tatverdächtige vorläufig festnehmen. Ein 50-Jähriger des Kamerateams hatte bei dem Angriff das Bewusstsein verloren und wurde nach einer Versorgung am Ort zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Eine 41-Jährige, ein 35-Jähriger und ein 59-Jähriger des Teams erlitten ebenfalls Verletzungen und kamen zu ambulanten Behandlungen in ein Krankenhaus. Drei Männer des Teams, 21, 31 und 38 Jahre alt, blieben unverletzt. Die festgenommenen Frauen, 25 und 27 Jahre alt, und Männer, 24 und 31 Jahre alt, sowie zwei 25-Jährige, wurden in ein Polizeigewahrsam gebracht und erkennungsdienstlich behandelt. Die Tatverdächtigen werden heute auf Antrag der Staatsanwaltschaft Berlin zum Erlass von Haftbefehlen vorgeführt. Die Ermittlungen zum Verdacht des besonders schweren Landfriedensbruches führt der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin.
Ein Sprecher der Bundespolizei erklärte, dass die Gruppe nach Angaben von Zeugen nur aus etwa 15 Personen bestanden haben soll. Diese Zeugen hätten Bundespolizisten auf die Tat aufmerksam gemacht. Als die Beamten eintrafen, waren die Täter seinen Angaben zufolge bereits geflüchtet – laut Zeugenaussagen auf Fahrrädern und einem Auto. Die Bundespolizisten hätten sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und die Berliner Polizei informiert.
Das ZDF zitierte Harald Ortmann, den Geschäftsführer der beteiligten Produktionsfirma TV United, mit der Aussage, dass die Angreifer äußerst brutal vorgegangen seien:
Sie sind mit Totschlägern auf das Team los. Unserem Tonassistenten wurde ins Gesicht getreten – mit einer Brutalität, mit der man in Kauf genommen hat, dass es ein Mensch nicht überlebt.
Für den Dreh seien vorab drei Sicherheitsleute engagiert worden, dies sei mittlerweile Standard bei derartigen Filmaufnahmen von Demonstrationen. Gegenüber dem Spiegel erklärte Ortmann, dass nicht erkennbar gewesen sei, dass seine Leute für das ZDF drehten:
Es war überhaupt nicht erkenntlich, für wen wir gedreht haben – das Kamerateam hatte zum Beispiel keinen Popschutz mit ZDF-Logo dabei oder ähnliches. Ich glaube nicht, dass es ein gezielter Anschlag auf die "heute-show" war.
Die Verdächtigen wurden am Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei vier Personen habe sich der Tatverdacht nicht erhärten lassen, sagte Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, der Nachrichtenagentur dpa. Bei zwei Personen gebe es Verdachtsmomente, es lägen aber keine Haftgründe vor. Weiter ermittelt werde auch zu bisher unbekannten Beteiligten.
Laut Steltner sind die Verdächtigen "dem linken Spektrum zuzurechnen". Dem Berliner Landeskriminalamt liegen nach Aussage einer Sprecherin zu zwei der Verdächtigen "Erkenntnisse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität links" vor. Die Motivation für die Attacke auf das Fernsehteam sei derzeit aber noch unklar.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller sagte im Deutschlandfunk unter Berufung auf Informationen von Innensenator Andreas Geisel:
Das sieht alles aus nach einer gezielten Aktion, einer – in Anführungszeichen – Racheaktion für diese Dreharbeiten.
Näheres wisse er noch nicht. Er hoffe, der Angriff werde ein juristisches Nachspiel haben. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke verurteilte den Angriff scharf. Die Zeitung junge Welt zitiert sie mit der Feststellung, es sei für sie "nicht vorstellbar", dass die Täter aus dem "linken Spektrum" gekommen sind.
Das linksradikale Internetportal indymedia spricht in einem wirren, am Samstag erschienenen Artikel von einem angeblichen Angriff von "Faschisten" auf Journalisten eines ZDF-Teams. Die "heute-show" wird dabei ausdrücklich als "links" bezeichnet. Der Beitrag war später nicht mehr erreichbar, ist aber hier noch einzusehen.
Auch in den sozialen Netzwerken wird daran erinnert, wie Reporter der "heute-show" bei früheren Gelegenheiten ihre Sympathien für linke Proteste gegen Pegida oder AfD-Veranstaltungen erkennen ließen. Es wurde auch darauf verwiesen, dass die Empörung deutlich größer ausgefallen wäre, würde es sich bei den Tätern um solche aus dem "rechten Milieu" handeln. Ebenso lässt sich vermuten, dass sich weder der Deutsche Journalistenverband noch hochrangige Regierungsvertreter zu Wort melden würden, wenn sich ein Angriff dieser Art gegen Vertreter eines alternativen Mediums richtet.
Tatsächlich ist eine plausible Erklärung für diesen Angriff von angeblichen "Linken" auf ihnen nahestehende Medienvertreter, dass die Täter ihre nicht als ZDF-Vertreter erkennbaren Opfer verwechselten und diese vielmehr für Sympathisanten der Demonstration oder für Mitarbeiter eines "rechten" Mediums hielten. Auch RT Deutsch berichtet regelmäßig von derartigen Veranstaltungen und gilt in linksextremen und linksliberalen Milieus unter anderem deshalb als "rechts".
Mehr zum Thema - Redeverbote und Zensur - die Diskussionskultur in Deutschland