von Timo Kirez
Die Kasse eines Supermarkts ist ein besonderer Ort. Fast könnte man sie im Sinne des französischen Philosophen Michel Foucault als "Heterotopie", also einen Ort, an dem manchmal eigenen Gesetze herrschen, bezeichnen. Zwar dachte Foucault dabei mehr an Irrenhäuser, aber jeder weiß: Auch an der Supermarktkasse lauert manchmal der Wahnsinn. Es wird gedrängelt, gemeckert und nur der Trennstab verhindert den Ausbruch territorialer Übergriffe.
Vermutlich ist der Trennstab überhaupt die größte zivilisatorische Erfindung der Menschheit. Jeder Staatsführer sollte zur Amtseinführung einen solchen übergeben bekommen, damit er ihn im Zweifelsfall aus der Tasche ziehen, und seinem Gegenüber signalisieren kann: Bis hierhin und nicht weiter! Oder wie man formvollendet in Berlin sagt: "Ej, dit sin meene Bulletn." Das wäre unmissverständlich. Als weniger klar und eindeutig erwies sich die Aktion einer Edeka-Filiale in Cottbus, eine Kasse für "vorrangig polnische Kunden einzurichten."
Was auf den ersten Blick nach einer neuen Aktion der Identitären Bewegung, oder einem weiteren Indiz der EU-Zerstrittenheit, aussah, erwies sich jedoch schnell als die tollpatschige Umsetzung einer an sich guten Idee. Zerknirscht entschuldigte sich Edeka in einem Brief und räumte ein, dass die separaten Kassen den Eindruck einer Diskriminierung erwecken könnten. Dabei habe man genau das Gegenteil gewollt. Es sollte versichert werden, dass polnische Kunden willkommen seien und für Einkäufe an allen Kassen bezahlen könnten.
Deswegen habe man sogar extra polnisches Personal eingestellt. Der Supermarkt sei beliebt bei polnischen Großkunden, beispielsweise Restaurant- und Cateringbetrieben. Man habe versucht, diesen Kunden einen besonderen Service zu bieten. Die Entschuldigung des Unternehmens kam zwar schnell, aber für unsere, dank den Sozialen Medien, hochbeschleunigte Zeit nicht schnell genug. Denn in der Zwischenzeit hatte die Empörung schon um sich gegriffen. Auf Twitter und Facebook monierten Nutzer die unglückliche Aktion. Auch polnische Medien griffen die Geschichte auf und berichteten, dass einige polnische Kunden die "Trennkost" von Edeka als Diskriminierung empfunden hätten.
Anschließend gab es noch eine Watsche von hochoffizieller Stelle: Der polnische Botschafter in Deutschland, Andrzej Przyłębski, schaltete sich ein und forderte Edeka zu einer Stellungnahme auf. Eine solche Aufteilung diskriminiere die polnischen Kunden, die in der Nähe wohnen. Und die Moral von der Geschicht: Getrennt bezahlt wird nicht! Oder für unsere polnischen Freunde: Osobno płacić nie będziemy!
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