WikiLeaks hat nach eigenen Angaben genug Spendengelder gesammelt, um eine Klage gegen den Guardian einzureichen. Die britische Zeitung hatte Ende November in einer – im Nachhinein stillschweigend mehrfach abgeänderten – Exklusivstory behauptet, Donald Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort habe sich in der ecuadorianischen Botschaft in London in den Jahren 2013 bis 2016 mehrfach mit dem dort festsitzenden WikiLeaks-Gründer Julian Assange getroffen.
Die Enthüllungsplattform startete daraufhin eine Spendenkampagne mit dem Ziel, genug Geld für rechtliche Schritte gegen die Zeitung aufzutreiben, die nach Ansicht von WikiLeaks Fake News verbreitet. In dem Spendenaufruf heißt es zu den Angaben der Zeitung:
Diese Behauptungen sind völlig falsch und die Geschichte ist erfunden. Aber sie ging viral und wurde unkritisch von Medien auf der ganzen Welt aufgegriffen.
Die eingegangenen Spenden haben kürzlich die Schwelle von 50.000 US-Dollar erreicht, so dass die Plattform ein offizielles Verfahren gegen den Guardian einleiten kann, wie WikiLeaks am Montag bekanntgab. In einem Tweet forderte die Organisation zu weiteren Spenden auf: "Rechtliche Schritte werden nun eingeleitet (aber es ist noch mehr erforderlich)."
Zu Beginn der Spendenkampagne hatte WikilLeaks 300.000 US-Dollar als Zielmarke ausgegeben. Sollte es zu einem Gerichtsprozess kommen, scheint es um die Chancen auf einen positiven Ausgang für den Guardian schlecht bestellt zu sein. Denn die Zeitung konnte in ihrem Bericht keine verifizierbaren Belege vorbringen. Stattdessen berief sie sich auf nicht näher benannte "Quellen" und ein Dokument, das vom ecuadorianischen Geheimdienst SENAIN verfasst worden sein soll.
Assange und Manafort stritten jedenfalls unverzüglich ab, sich getroffen zu haben. In den Aufzeichnungen der ecuadorianischen Botschaft taucht Manafort nicht auf. Ebenso fehlen entsprechende Hinweise in seinen Reisepässen, dass er zu den vom Guardian angegebenen Zeiten überhaupt in London war. Auch der ecuadorianische Diplomat Fidel Narváez, der in den Jahren 2010 bis 2018 in der Botschaft tätig war und unter dessen Aufsicht das Treffen stattgefunden haben soll, widersprach dem Zeitungsbericht.
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Laut ihm seien viele juristische Hürden zu nehmen, um zu Assange zu gelangen. Ein Besuch hinterlasse immer Spuren im Protokoll der Botschaft oder in anderen Dokumenten. So müsse sich ein Besucher die schriftliche Genehmigung des Botschafters einholen, sich beim Sicherheitspersonal registrieren und eine Kopie des Ausweises hinterlassen. Der in Großbritannien lebende Diplomat wies zudem darauf hin, dass das Gebäude von Kameras umzingelt ist und die "am meisten überwachte Botschaft auf der Erde" sei. Trotz einer Welle der Kritik weigert sich der Guardian weiterhin, den Artikel zurückzuziehen.
WikiLeaks hatte während des US-Präsidentschaftswahlkampfes 2016 interne E-Mails aus den Reihen der Demokraten veröffentlicht, die das intrigante innerparteiliche Vorgehen ihrer Spitzenkandidatin Hillary Clinton bloßlegten. Die Demokraten und US-Geheimdienste sind der Ansicht, russische Hacker hätten die E-Mails auf Geheiß des Kremls erbeutet und an WikiLeaks weitergegeben. Clinton bezeichnete die Enthüllungsplattform als "eine Filiale des russischen Geheimdienstes". Laut WikiLeaks stammten die E-Mails jedoch einem Whistleblower aus der Partei.
Manafort war zwischen März und August 2016 Wahlkampfmanager von US-Präsident Donald Trump. Ein Treffen zwischen ihm und Assange würde dem US-Sonderermittler Robert Mueller, der damit beauftragt wurde, "jegliche Verbindung und/oder Koordination zwischen der russischen Regierung und Personen, die mit dem Wahlkampfteam von Präsident Donald Trump in Verbindung stehen", zu untersuchen, endlich etwas Handfestes in Sachen "Russland-Affäre" liefern.
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