Soll es eine Moschee-Steuer für gläubige Muslime geben oder soll man eher auf eine freiwillige Abgabe zurückgreifen? Es geht in der seit Tagen andauernden Diskussion hierzulande um eine eigenständige Finanzierung muslimischer Gotteshäuser in Deutschland. Denn viele muslimische Verbände und Gemeinden in der Bundesrepublik werden aus den arabischen Golfmonarchien oder aus der Türkei finanziert. Sie sehen sich deshalb zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, sie vermittelten politisch fragwürdige Werte und beförderten die Entstehung von Parallelgesellschaften.
Den Anstoß für die Debatte gab ein Bericht der Zeitung Die Welt Mitte dieser Woche. Darin heißt es, die Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee im Berliner Stadtteil Moabit, Seyran Ates, befürworte die Einführung einer Moschee-Steuer für Muslime ähnlich der Kirchensteuer. Die Anwältin, die für einen liberalen Islam steht und für eine geschlechtergerechte Auslegung des Korans eintritt, korrigierte dies einen Tag später und stellte klar, dass sie eher für eine freiwillige Abgabe ist.
Es ist keine gute Idee, die aktuellen (Islam-)Verbände zu Körperschaften öffentlichen Rechts zu erklären und eine Kirchensteuer-ähnliche Moschee-Steuer einzuführen", sagte sie am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. "Es gibt bei den fünf Säulen des Islams die sogenannte Zakat, die soziale Pflichtabgabe. Darüber könnte man das besser regeln."
Finanzierung der Muslime aus dem Ausland verhindere ihre Integration
Die Pflichtabgabe im Islam bedeute, vom ruhenden Kapitalvermögen 2,5 Prozent abzugeben. "Man könnte dieses Modell nehmen, das ist nämlich eine Pflicht der Muslime", sagte sie. In der von ihr mitgegründeten Moschee funktioniere das. "Die Verbände müssten jetzt erklären, warum sie es nicht können, obwohl sehr viele Geschäftsleute bei ihnen Mitglied sind oder auch Menschen, die einfach viel Geld haben."
Ihrer Ansicht nach sollte die Finanzierung der Muslime aus dem Ausland durch eine Eigenfinanzierung ersetzt werden. Besonders die Türkei und die Muslimbrüder übten damit einen großen Einfluss auf die Muslime in Deutschland aus, was dazu führe, dass sich der Islam und die Muslime nicht integrierten. "Sie werden immer noch von außen moderiert und finanziert. Das muss aufhören", erklärte Ates.
Anders als bei den zentral organisierten Kirchen treibt der Staat für die Islam-Verbände keine Steuern ein. Wenn deutsche Moscheegemeinden Geld vom Staat erhalten, dann nur für konkrete Projekte, etwa die Integration muslimischer Flüchtlinge oder die Deradikalisierung salafistischer Jugendlicher. In Österreich sind Zuwendungen aus dem Ausland inzwischen verboten worden.
Plan: Beabsichtigte Spenden aus Golfstaaten sollen dem Auswärtigen Amt gemeldet werden
Aus der Politik kam offene Unterstützung für die Aussagen Ates'. In der Regierungskoalition plädierte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) für eine Moschee-Steuer.
Unser Ziel muss es sein, dass sich der Islam in Deutschland von der Einflussnahme ausländischer Staaten emanzipiert und eine stärkere Inlandsorientierung gewinnt", sagte Frei der Zeitung Die Welt. "Die Moschee-Steuer wäre dazu ein wichtiger Schritt", fügte er hinzu.
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka nannte die Idee "diskussionswürdig". "Bis zu einem fertigen Konzept dürfte es aber noch ein weiter Weg sein, den wir nur mit den Ländern gemeinsam gehen können, denn Kirchensteuern sind Ländersache." Unterstützung kam auch von den Grünen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte, es sei höchste Zeit, dass für die muslimischen Gemeinden in Deutschland unabhängige Finanzierungsquellen gefunden werden. Dann könnte der "schädliche Einfluss durch politisch gesteuerte Gelder und radikale Prediger aus der Türkei oder den Golfstaaten" endlich unterbunden werden.
Wie der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung am Donnerstagabend berichtete, will die Bundesregierung den Geldfluss aus Golfstaaten an radikale Moschee-Gemeinden in Deutschland kontrollieren. Das Auswärtige Amt habe mehrere Länder in der Region darum ersucht, beabsichtigte Spenden oder staatliche Zuwendungen an religiöse Einrichtungen aus dem Ausland in Deutschland zuvor dem Auswärtigen Amt zu melden.
Kuwait solle ein solches Verfahren selbst vorgeschlagen haben, weitere Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar habe das Auswärtige Amt um Kooperation gebeten. Unter Beteiligung von Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst sollen dann Absender und Empfänger von Geldern aus der Golfregion überprüft werden.
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(Mit Material von dpa)