Meistens kommt nichts Gutes dabei raus, wenn Regierungen mit ihren öffentlichen Geldern Unternehmen beauftragen, eine nachhaltige Politik zu betreiben. Ausschlaggebend war die Rohstoffkrise im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008, die die Preise für gewisse Rohstoffe wie Reis, Mais oder Weizen explodieren ließ. Und damit einhergehend auch die Sorge, wie Millionen von Afrikanern Zugang zu diesen Rohstoffen erhalten sollten, wenn sie sich diese zu derart hohen Preisen nicht mehr leisten konnten.
Der Plan war so simpel wie alt: Investitionen in die afrikanische Landwirtschaft und somit Sicherstellung der Ressourcen durch Eigenproduktion.
Um dem Ganzen auch noch einen offiziellen Titel zu geben, wurde eine Art Konsortium unter dem Namen "New Alliance for Food Security and Nutrition" (NAFSN) gegründet. Dahinter steckten die Regierungen der G7-Staaten, die Europäische Union und multinationale Konzerne wie etwa Monsanto, Cargill, Unilever oder Syngenta. Mit Steuergeldern und privaten Investitionen der Unternehmen sollen die afrikanischen Kleinbauern den Großunternehmen Platz machen. Von Ländern wie Mosambik wurde verlangt, "systematisch die Verteilung von kostenlosem und nicht verbessertem Saatgut an die Bauern zu verbieten, mit Ausnahme von Notfällen".
So soll natürlich sichergestellt werden, dass die teilnehmenden afrikanischen Staaten nur noch modernes und oft genmodifiziertes Saatgut der Großkonzerne kaufen.
Von Äthiopien wurde beispielsweise im Rahmen dieses NAFSN-Projektes verlangt, "das Landgesetz, wenn nötig, zu verfeinern, um langfristige Pachtverträge zu begünstigen". In der Elfenbeinküste beantragten die Konzerne 500.000 Hektar unter denselben Bedingungen, was zu Protesten in dem westafrikanischen Land führte.
In Tansania wurden für eine von Großbritannien finanzierte Reisplantage 230 Bauern von ihrem Land vertrieben, während sich andere verschulden mussten, um die vertraglich vereinbarten Produktionsmittel des britischen Unternehmens Agrica zur Förderung der Reisproduktion kaufen zu können. In Nigeria ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei es allerdings das US-Unternehmen Dominion Farms ist, das auf 30.000 Hektar eine Reisfarm im Osten des Landes aufgebaut hat. Viele Bauern beschweren sich, dass das Unternehmen und die Regierung sie nur unzulänglich informiert hätten und sie aus von dem Gebiet verjagt worden seien, wo sie seit Jahrhunderten über Weiderechte und Zugang zu Wassersystemen verfügten.
Auch im Senegal gibt es die gleichen Probleme wie in den anderen afrikanischen Ländern, die am NAFSN-Programm teilnehmen. Zwischen 2013 und 2017 investierte Kanada 80 Millionen kanadische Dollar (zum damaligen Zeitpunkt ca. 55 Millionen Euro) in das Land, mit dem ausdrücklichen Ziel, die
Wirtschaftsentwicklung auf dem Land zu unterstützen, den Zugang zu Krediten zu verbessern, die Produktion zu steigern, landwirtschaftliches Produktmarketing und Entwicklung sowie die Ernährungssituation zu verbessern. Insbesondere möchte die Initiative die Herausforderungen und Möglichkeiten für Frauen in ländlichen Wirtschaftsformen ansprechen.
Doch eine Studie der Food Security Policy Group (FSPG), die das kanadisch unterstützte Programm im Senegal während 18 Monaten untersucht hatte, kam zum Schluss, dass die Ergebnisse des Programms "limitiert" sind. Zwar sei es hier nicht zu den "schädlichen" Auswirkungen wie in anderen teilnehmenden Ländern gekommen, die eigens für die Großkonzerne Gesetze im Bereich der Landnutzung geändert haben, doch habe es auch keine "empirischen" Beweise gegeben, dass die "Beteiligung von Privatunternehmen in der Landwirtschaft zu besseren Entwicklungsergebnissen geführt hat". Will heißen: Weder wurde die Nahrungsmittel- bzw. Ernährungssicherheit hergestellt, noch war der private Sektor in der Lage, die Armut oder die Rolle der Frauen in ländlicher Gesellschaft in irgendeiner Art und Weise zu beeinflussen.
Anhaltende Kritik und Proteste in Burkina Faso an Frankreich, das als ehemalige Kolonialmacht die Schirmherrschaft über die Implementierung des NAFSN-Programms in dem westafrikanischen Staat übernommen hatte, führten schließlich dazu, dass sich Paris im Februar 2018 aus dem Programm zurückzog.
Kritik kam aber auch von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und von den Grünen im Europaparlament, nachdem die EU mit über 1,2 Milliarden Euro an dem Programm in Afrika beteiligt ist. Die Grünen kommen zum Schluss, dass die New Alliance for Food Security and Nutrition eine "Bedrohung für die Lokalbevölkerung in Afrika" darstelle.
Ob es eine verfehlte Entwicklungspolitik Europas ist, der sogenannte "Hühnerwahnsinn" oder die von NATO und Europa geführten Kriege auf dem "Schwarzen Kontinent" sind, sie haben alle eines gemein: Es trifft am Ende eine ohnehin schon arme Bevölkerung. Deshalb muss man sich dann aber auch nicht wundern, wenn diese Menschen nach Europa kommen wollen.