Etwa 130.000 Euro sind nach Angaben der Stadt vom Montag für den Obelisken bis jetzt eingegangen. Vereinbart worden waren mit dem nigerianisch-amerikanischen Künstler Olu Oguibe aber 600.000 Euro. Die Spendenaktion laufe noch bis 30. April. Oguibe soll bereits angedeutet haben, dass er den Kasselern die 16 Meter hohe Steinsäule womöglich auch für weniger Geld überlassen könnte.
Der Obelisk war ein Kunstwerk der vergangenen documenta 14. Es setzt sich mit dem Thema Flucht auseinander und hat in Kassel für Diskussionen gesorgt. Oguibe möchte, dass sein Werk auf dem Königsplatz in der Innenstadt bleibt. Im Stadtparlament wird aber darüber diskutiert, dass die Kasseler über den Standort abstimmen.
Der Ankauf von documenta-Werken hat in Kassel Tradition: 16 Installationen stehen in der nordhessischen Stadt, in der alle fünf Jahre die weltweit bedeutendste Ausstellung für moderne Kunst stattfindet. Oft sind es Publikumslieblinge, die über Spenden angekauft werden. In diesem Jahr ist das anders: Die vom nigerianisch-amerikanischen Künstler Oguibe geschaffene Steinsäule spaltet die Meinungen.
"Der Obelisk wird auf inhaltlicher und ästhetischer Ebene diskutiert", sagt Susanne Völker, Kulturdezernentin der Stadt. Einige finden die Steinsäule schlicht hässlich, andere den Standort in der Innenstadt unpassend. Auch eine Debatte um den Wert von Kunst ist entbrannt. Einen Tag nach Beginn der Sammlung schmierte eine Mann die Frage "600.000? Seid ihr blöd?" auf die Säule.
Selbst politisch ist das Kunstwerk, das sich mit Flucht beschäftigt, Gesprächsthema. Es trägt die in Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch verfasste Inschrift "Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt" aus dem Matthäus-Evangelium. Ein AfD-Politiker bezeichnete die Säule im vergangenen Jahr als "entstellte Kunst" und sorgte so für einen Eklat. "Man muss aber auch deutlich machen: Nicht jeder, der sich gegen den Obelisken ausspricht, ist Rassist", sagt die Kulturdezernentin.
Trotz oder gerade wegen der Konflikte sei der Obelisk ein gutes Kunstwerk: "Kunst, die keine Debatte auslöst, hat ihre Klasse verloren", erklärt Völker. Sie hält es für möglich, dass die Kasseler am Ende doch ihren Frieden mit dem Obelisken machen. Auch Joseph Beuys' "7000 Eichen" aus dem Jahr 1982 waren zunächst umstritten. Die Baumpflanzungen an Straßen mit Basaltstein daneben wurden als "Verschandelung" beschimpft. Heute gehören die Eichen zu Kassel. "Die Stadt ist sehr stolz darauf", sagt Völker.
"Die Inschrift des Obelisken zur Migration greift ein Problem auf, das nicht nur in Kassel, sondern auch in Deutschland und weltweit offensichtlich ist", sagt Volker Schäfer, Vorsitzender der Stiftung "7000 Eichen" in Kassel. Das Kunstwerk mahne "zu einer offenen Diskussion um gesellschaftliche, um humane Lösungen und sollte deshalb unabhängig von der Frage nach seinem Standort in Kassel bleiben". Eine Kulturstadt müsse solche Kontroversen aushalten. Die Debatte um die "7000 Eichen" habe Kassel damals gut getan.
Bisher haben vor allem Privatpersonen und eine Stiftung gespendet. Auch ein Verfehlen der Ankaufsumme muss laut Völker nicht das Verschwinden des Kunstwerks aus Kassel bedeuten: "Das mit Oguibe vereinbarte Prozedere sieht vor, dass das Ergebnis offen ist."
(rt deutsch/dpa)