Quantencomputer stehen für die nächste Revolution in der Informationstechnologie: Sie sollen ohne weiteres herkömmliche Verschlüsselungsmethoden für digitale Daten knacken, blitzschnell gigantische Datenmengen durchforsten und komplexe Optimierungsaufgaben lösen können. Und zwar um ein Vielfaches schneller als die stärksten aktuellen Supercomputer.
Kein Wunder, dass sich auch Militärs und Geheimdienste brennend für die Technologie interessieren. Aber Quantencomputer können auch dafür eingesetzt werden, bisher unlösbare Problemstellungen in der Physik oder Quantenchemie zu bearbeiten oder in anderen Gebieten wie der Materialforschung oder Medikamentenentwicklung völlig neuen Wegen zu folgen.
Doch bisher ist alles nur graue Theorie – die Welt wartet noch auf den ersten funktionierenden Quantencomputer. Nun ist aber offenbar einem Forscherteam um die australische Physikerin Michelle Simmons, die im vergangenen Jahr zur "Australierin des Jahres" gekürt wurde, ein entscheidender Durchbruch gelungen.
Simmons und ihr Team gaben am Mittwoch bekannt, dass sie Quantenbits, sogenannte Qubits, aus einzelnen Phosphoratomen in Silizium gebaut hätten, die miteinander kommunizieren und korrelieren können. Das sogenannte "Quantum Computing" ist ein Wissenschaftsgebiet, das darauf abzielt, die Bausteine des traditionellen Rechnens, die so genannten Bits, durch Quantenteilchen zu ersetzen.
Revolution der Computertechnologie
Während klassische Bits nur einen Wert von 0 oder 1 haben können, können Quantenbits in mehreren Zuständen gleichzeitig existieren. Das klingt paradox, bedeutet aber nicht anderes, als das sie tausendmal effizienter sind und das Computing revolutionieren könnten. Ein funktionierender Quantencomputer könnte in Minutenschnelle ein Problem lösen, für das selbst ein klassischer Supercomputer Tausende von Jahren benötigen würde.
Simmons erklärte, dass ein Prozess, der als "Verschränkung" bekannt ist, für diese Entwicklung ausschlaggebend sei. Diese Verschränkung erlaubt es einem Quantenteilchen, mit einem anderen zu kommunizieren und den Zustand eines anderen zu beeinflussen, was es ihnen erlaubt, Informationen mit noch effizienterer Geschwindigkeit auszutauschen.
Wenn es jetzt tatsächlich gelungen sein sollte, die von dem australischen Team entwickelten Qubits miteinander zu korrelieren, wäre das ein großer Schritt hin zum ersten Quantencomputer. Während es zuvor schon gelungen ist, andere Qubits zu verschränken, gelang es jedoch bisher noch nicht mit Silizium und einzelnen Atomen, was jedoch eine viel höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit bieten würde.
Die einzelnen Atomsysteme sind diejenigen mit den längsten Kohärenzzeiten und sehr hohen Genauigkeiten",
so Simmons. Kohärenz ist die Voraussetzung für das Auftreten von Interferenzen. Und sie ergänzte:
Andere Qubits sind physisch größer, und man kann sie skalieren, um sie größer zu machen, aber sie sind durch ihre Kohärenz begrenzt. Man bekommt Kohärenzzeiten, die umso länger werden, je kleiner man sie machen kann – und einzelne Atome sind die kleinsten, die man gehen kann.
Silizium-Qubits sind laut Simmons die beste langfristige Option für Quantencomputer. Qubits mit geringer Kohärenz sind fehleranfällig und zu unzuverlässig für Berechnungen. Der aktuelle Verschränkungsrekord liegt bei 10 Qubits, die im November letzten Jahres mit Qubits aus Aluminium gesetzt wurden. Am Montag verkündete Google, dass sie einen Computer mit 72 Qubits erstellt hatten, ein Rekord für die Gesamtzahl der Qubits, aber diese sind jedoch nicht verschränkt.
Beide Entwicklungen kommen, wenn Physiker versuchen, die sogenannte "Quantensuprematie" zu erreichen, jedoch nah an den Punkt, an dem ein aktueller Quantencomputer einen Standard-Supercomputer übertreffen kann. Googles Team verkündete, dass sie "vorsichtig optimistisch" seien, dass die Quantenüberlegenheit auf ihrem Gerät mit mehr Entwicklung erreicht werden könne. Laut Simmons ist das Ziel, das die Industrie anstrebt, 70 verschränkte Qubits.
Für das qualitativ hochwertigere Silizium-Modell strebt sie bis Ende des Jahres ein verschränktes Quibit und zehn verschränkte Quibit innerhalb der nächsten fünf Jahre an. Der Schlüssel zur Entdeckung am Mittwoch sei, dass sie die Erwartungen übertroffen habe. Die neuen Daten würden ihr Modell verbessern, was gleichzeitig auch zu besseren Daten führen wird – ein rekursiver Prozess, der bedeutet, dass das erste verschränkte Qubit nicht weit entfernt ist.