von Timo Kirez
Das dürfte Hans Joachim Klein gar nicht gefallen. Der AfD-Politiker aus dem Saarland erlangte im November 2017 kurzzeitig Berühmtheit, als er einen Intelligenztest für AfD-Neumitglieder verlangte. Er begründete seine Forderung gegenüber der Saarbrücker Zeitung mit den Worten, "dass es Mitglieder gibt, die unfähig sind, zu erkennen, welche Aufgaben ein Delegierter verantwortlich zu erfüllen hat." Laut einem aktuellen IQ-Test kann Klein froh sein, dass nichts aus der Sache geworden ist.
Ein bundesweiter IQ-Test dokumentierte den durchschnittlichen IQ der Wähler der sechs größten Parteien bei der Bundestagswahl. Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft für die AfD: Ihre Wähler erreichen im Test insgesamt den schlechtesten Durchschnitts-IQ im Vergleich zu den anderen Wählergruppen. Am besten oder auch am intelligentesten schneiden die Wähler der Linken ab.
Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Auswertung des IQ-Tests von Mein-wahres-ich.de, der im Testzeitraum August und September 2017 rund 100.000 mal durchgeführt wurde. Die Teilnehmer wurden nach dem Test auch nach ihrem Wahlverhalten befragt. Durch eine Zusammenführung der Daten konnte die Auswertung durchgeführt werden.
Laut Mein-wahres-ich.de erreicht der IQ-Test seit dem Jahr 2015 rund 6.000.000 Teilnehmer. Er diente unter anderem als Grundlage für eine bundesweite IQ-Studie. Die Ergebnisse sollen aufgrund der hohen Grundgesamtheit als repräsentativ gelten. Es handelt sich also keineswegs um einen vorgezogenen Aprilscherz. Der Geschäftsführer von Mein-wahres-ich.de, Patrick Konrad meint es ernst:
Es gibt Studien wie die der Hans-Böckler-Stiftung mit der Universität Paderborn, die aufzeigen, dass vorrangig Personen mit maximal mittlerer Reife die AfD wählen. Unter den Akademikern finden sich deutlich weniger AfD-Wähler. Das hat natürlich Einfluss auf ein solches Ergebnis. Wie immer geben die Zahlen jedoch nur den Durchschnitt wieder und es gibt natürlich auch AfD-Wähler mit höherem und niedrigerem IQ. Dennoch ist das Ergebnis eindeutig", so Konrad auf Presseportal.de
Doch auf der anderen Seite wählen Akademiker überwiegend Grün – dennoch landen die Grünen-Wähler im Test nur knapp vor der AfD. In einem Gespräch mit Telepolis räumte Konrad doch ein, dass der Test nicht repräsentativ sein könne, da die Teilnehmer nicht unter den gleichen Bedingungen ihren Test absolvierten hätten. "Manche machten das in aller Ruhe am Computer, andere in Hektik am Smartphone", so Konrad gegenüber Telepolis. Gleichzeitig betont Konrad aber, dass dies für alle Testteilnehmer gelte und somit keine Erklärung für die sehr schwachen Ergebnisse der AfD-Wähler sein könne.
Haben sich etwa Tausende von Linken in den Test geschmuggelt, absichtlich falsche Antworten gegeben und dann am Schluss ein Häkchen bei der AfD gemacht? Nicht unmöglich, aber doch abwegig. Zumal das Ergebnis der AfD bei einer konzertierten "linken Attacke" vermutlich noch schlechter ausgefallen wäre. Zudem wird der Test nicht als politischer Test beworben, erst am Schluss geht es um die Parteipräferenz.
Zum anderen wäre Schummeln am unteren Rand der Skala zwar möglich, aber im oberen Bereich nicht. Sind Linke also wirklich schlauer als andere? Wohl kaum. Schon seit längerem gibt es Kritik an Intelligenztests als einzigen Indikator von Intelligenz. Die neuere Intelligenzforschung unterscheidet mittlerweile zwischen mathematischer, emotionaler und sprachlicher Intelligenz. Doch auch Kreativität, musikalische Fähigkeiten oder sportliches Können sind Arten von Intelligenz.
Zudem ist Intelligenz nichts Determiniertes, sondern kann sich verändern. Professor Walter Perrig von der Universität Bern in der Schweiz wies schon im Jahr 2008 mit einem speziellen Training nach, dass sich nicht nur die Leistung des Arbeitsgedächtnisses eines Menschen verbessern kann, sondern auch seine Gesamt-Intelligenz steigern lässt.
Eine grundsätzliche Kritik am Intelligenzbegriff formulierte Theodor W. Adorno im seiner "Minima Moralia". "Intelligent" würden Verhaltensweisen genannt, die dem jeweiligen "fortgeschrittensten technischen Entwicklungsstand" angemessen seien, und zwar auch in Bereichen, in denen das gar nicht erforderlich sei. Denken beschränke sich freiwillig aufs Problemlösen und verliere dadurch seine Autonomie. Für Adorno ist Intelligenz "eine moralische Kategorie."
Das Ergebnis des Intelligenztests lässt also verschiedene Deutungen zu. Ärgerlich ist dabei, dass sich der Autor Tomasz Konicz auf Telepolis zu dem Gedankenspiel hinreißen lässt, dass es vermutlich die "Ideologie" der AfD sei, die den IQ in den Keller treibe. Dem muss man entgegnen, dass jedwede Form von Ideologie die Intelligenz in den Keller treibt. Das ist kein exklusives "Privileg" der AfD. Wie Karl Marx richtig feststellte, dient Ideologie immer dazu, die realen Verhältnisse zu maskieren. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem "notwendig falschen Bewusstsein", das nötig sei, damit die herrschende Klasse weiter ihr Spiel treiben kann.
Überlassen wir das Schlusswort einem Philosophen, an dem sich entgegen der landläufigen Meinung sowohl Rechte wie auch Linke erfreuen können, Friedrich Nietzsche:
Wie viel verdrießliche Schwere, Lahmheit, Feuchtigkeit, Schlafrock, wie viel Bier ist in der deutschen Intelligenz!