Die Schauspielerin Catherine Deneuve und weitere Frauen warnen in der #MeToo-Debatte vor einem "Klima einer totalitären Gesellschaft".
Vergewaltigung ist ein Verbrechen. Aber hartnäckiges oder ungeschicktes Flirten ist kein Delikt, und eine Galanterie auch keine chauvinistische Aggression",
heißt es in einem Gastbeitrag, der am Dienstag von der französischen Zeitung Le Monde veröffentlicht wurde.
Als Frauen erkennen wir uns nicht in diesem Feminismus, der über die Anprangerung von Machtmissbrauch hinaus das Gesicht eines Hasses auf Männer und die Sexualität annimmt.
Laut Le Monde wurde der Text unter anderem von der französischen Schriftstellerin Catherine Millet verfasst. Unterschrieben haben demnach insgesamt rund 100 Frauen, darunter etwa Künsterinnen, Wissenschaftlerinnen, Journalistinnen und auch Catherine Deneuve.
Die #MeToo-Debatte um Sexismus und sexuelle Übergriffe kam ins Rollen, als im Oktober Vorwürfe gegen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein bekannt wurden. Die Diskussion habe legitimerweise Bewusstsein geschaffen für sexuelle Gewalt gegen Frauen, heißt es in dem nun veröffentlichten Gastbeitrag, das sei notwendig gewesen. Der Text verteidigt jedoch "eine Freiheit, jemandem lästig zu werden, die für die sexuelle Freiheit unerlässlich ist".
#MeToo habe in der Presse und den sozialen Netzwerken eine "Kampagne der Denunziation und öffentlicher Anschuldigungen" ausgelöst – die Beschuldigten seien auf eine Stufe mit sexuellen Aggressoren gestellt worden, ohne antworten oder sich verteidigen zu können.
Dieses Fieber, die "Schweine" zur Schlachtbank zu führen [...] dient in Wahrheit den Interessen der Feinde sexueller Freiheit, der religiösen Extremisten, der schlimmsten Reaktionäre und derjenigen die meinen [...], dass Frauen "besondere" Wesen sind, Kinder mit Erwachsenengesicht, die nach Schutz verlangen.
Mit ihrer Aktion rief der Filmstar Catherine Deneuve (74) prompt französische Feministinnen auf den Plan, die sie kritisieren.
Die Unterzeichner dieses Gastbeitrags vermischen vorsätzlich ein Verhältnis der Verführung, das auf Respekt und Lust basiert, mit Gewalt",
heißt es in einer Antwort der Aktivistin Caroline De Haas (37), die von rund 30 Frauen unterschrieben wurde und am Mittwoch beim Nachrichtenportal Franceinfo erschien.
Dieser Gastbeitrag ist ein bisschen der lästige Kollege oder der anstrengende Onkel, der nicht versteht, was gerade passiert", schrieb De Haas in ihrer Erwiderung.
Wie kann man sich auch nur für einen Augenblick eine befreite Gesellschaft vorstellen, in der die Frauen frei und vollständig über ihren Körper und ihre Sexualität verfügen, wenn jede Zweite angibt, schon sexuelle Gewalt erlitten zu haben?
Flirten und Belästigung seien nicht einfach eine Abstufung, sondern in ihrer Natur verschieden. Die frühere Ministerin und Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal (64) bezeichnete es auf Twitter als "schade, dass unsere große Catherine Deneuve sich diesem bestürzenden Text anschließt". Die #MeToo-Debatte um Sexismus und sexuelle Übergriffe war ins Rollen gekommen, als im Oktober Vorwürfe gegen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein bekanntwurden.
In Deutschland hatte schon die Schriftstellerin Thea Dorn ähnlich argumentiert wie jetzt Catherine Deneuve. In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur sagte Dorn zu der aktuellen Debatte:
Wenn wir jetzt anfangen in der Kunst alle, die salopp gesagt Arschlöcher sind, herauszuschneiden, dann fürchte ich, dass es in unseren Bibliotheken, in unseren Museen, in den Kinos wahnsinnig leer wird.
Dorn fragte in dem Interview, seit wann "Kunst eine Benimmschule" sei. Zudem ergänzte sie:
Das ist ein neuer Totalitarismus, der da heraufzieht, ein moralischer [...] Das ist spießiger und furchtbarer als der Geist der 50er und 60er.
Auch die Kultursendung CLASH von RT Deutsch wird sich dem Thema "Me-too" annehmen. Die neue Folge erscheint diesen Samstag auf unserer Webseite.
(rt deutsch/dpa)