Von Alexander Nossowitsch
Gleich zwei Skandale im Zusammenhang mit Abgeordneten der deutschen Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) – die im Westen als "prorussisch" abgestempelt wird – haben sich diese Woche ereignet. Beide Vorfälle waren identisch, endeten nahezu gleich und werfen die Frage auf: Sind nicht nur die AfD, sondern auch alle anderen in Europa der Sympathie für Russland bezichtigten "Neuen Rechten" wirklich prorussisch?
Der erste Skandal: Drei Abgeordnete des Landtags von Sachsen-Anhalt besuchten die russische Botschaft in Berlin, um den Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu feiern. Der zweite Skandal: Der Hamburger Landtagsabgeordnete Robert Risch nahm an einem Anti-Globalisierungsforum in Sankt Petersburg teil.
Beide Vorfälle sind im Großen und Ganzen von geringer Bedeutung: Es ist so, als würden die Abgeordneten der gesetzgebenden Versammlung des Gebiets Wologda in einem deutschen Landtag auftreten, und als würde die gesamte Presse dies als Hochverrat darstellen. In Deutschland ist jedoch genau dies der Fall. Aus einer Mücke wurde ein Elefant gemacht – zwar nicht im weltweiten, aber auf jeden Fall im europäischen Maßstab, denn der "unmoralische Auftritt" der AfD-Abgeordneten wird auch von Politikern und Medien anderer EU-Länder diskutiert.
Allerdings ist das Ganze nur eine Nebensächlichkeit – ein gewöhnlicher politischer Streit. Eigentlich könnte man dieses Thema den Germanisten überlassen und es nicht öffentlich thematisieren, doch die Reaktion der Partei "Alternative für Deutschland" selbst verdient besondere Erwähnung. Denn die größte Oppositionspartei der Bundesrepublik entschied sich in beiden Fällen, sich von ihren Abgeordneten zu distanzieren.
Im Fall der sachsen-anhaltinischen Abgeordneten geschah dies in milder Form. Die Führung der AfD erklärte, die Parteimitglieder hätten die Party in der russischen Botschaft aus persönlichem Interesse besucht und seien dort nicht als Vertreter der Partei aufgetreten. Die Partei sei an nichts davon beteiligt, gratuliere Putin nicht zu seinem Geburtstag und wünsche ihm weder Glück noch Gesundheit.
Im Fall des Abgeordneten Robert Risch wurde härter vorgegangen: Risch wurde sofort aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen, am nächsten Tag auch aus der Partei. Die Parteiführung erklärte, dass die russische Veranstaltung "undemokratischen Charakter" gehabt habe und die Teilnahme daran "unvereinbar mit den Werten" der deutschen "Rechten" sei.
Die Hetze gegen ihn nahm solche Ausmaße an, dass Robert Risch sich rechtfertigen und beweisen musste, dass seine Teilnahme an dem Forum in Sankt Petersburg reiner Zufall gewesen sei. Eine klassische Ausrede: "Ich habe einfach die falsche Tür geöffnet."
Eigentlich demonstriert damit die "Alternative für Deutschland" auf erstaunliche Weise die Schwäche einer politischen Kraft, die derzeit auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs steht und eigentlich Stärke zeigen sollte. Die AfD ist heute die beliebteste Partei in Deutschland. In Umfragen liegt ihr Zuspruch derzeit bei 26 Prozent und steigt stetig an. Bei den regierenden Systemparteien hingegen sinkt er kontinuierlich: Würden heute Wahlen stattfinden, könnten die CDU/CSU und die Sozialdemokraten zusammen keine Mehrheit erzielen und keine Regierung bilden.
Warum beugt sich dann diese Partei trotz dieser für sie positiven Tendenzen ihren Gegnern und lässt sich von einer aus der Luft gegriffenen Geschichte einschüchtern? Und das, obwohl die Ideen des Dialogs und der Normalisierung der Beziehungen zu Russland bei den Wählern der AfD tatsächlich beliebt sind.
Es gibt eine Erklärung dafür, und die ist ganz einfach: Je höher die Umfragewerte der "Alternative für Deutschland" sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Systemparteien sie nach den nächsten Wahlen in eine Koalition aufnehmen müssen. Dazu müssen die Vertreter der AfD jedoch selbst systemkonform auftreten. Und in Europa bedeutet das in erster Linie, antirussisch zu sein.
Eine solche Metamorphose erlebten bereits viele europäische rechtsgerichtete Politiker (Populisten, wie sie dort genannt werden), als sie an die Macht kamen oder dies versuchten. Ihr ursprünglicher Widerstand gegen das System – wofür sie von den mit ihrem Leben unzufriedenen Wählern unterstützt wurden – verwandelte sich schnell in die Akzeptanz der Systemspielregeln, darunter auch die europäische Einheit im Kampf gegen Moskau.
Am deutlichsten zeigt sich dies am Beispiel der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Während des Wahlkampfs war ihr Wahlprogramm euroskeptisch und migrationskritisch. Damals wurde sie nur deshalb als "prorussisch" bezeichnet, weil sie kein Interesse daran zeigte, "den Kreml einzudämmen" und "die Ukraine zu unterstützen". Nachdem sie ihr Amt angetreten hatte, schloss sich Giorgia Meloni der "Koalition der Willigen" an, lieferte Waffen nach Kiew, traf sich regelmäßig mit Wladimir Selenskij und äußerte sich diszipliniert über Russland. Sie tat alles, was von ihr erwartet wurde – allerdings ohne Begeisterung und Initiative. So lehnte sie es kategorisch ab, italienische Truppen sofort in die Ukraine zu entsenden. Sie wagte es jedoch nicht, gegen die "Parteilinie" zu verstoßen und sich damit als Außenseiterin im westlichen Establishment zu positionieren.
Es gibt noch viele weitere Beispiele. So unterstützte Jordan Bardella, der Vorsitzende der französischen Rassemblement National (RN), nachdem ihm letztes Jahr die Aussicht auf das Amt des französischen Premierministers in Aussicht gestellt wurde, die Lieferung von Waffen an das Kiewer Regime. Die gesamte konservative Opposition in Ungarn und der Slowakei konnte bisher keine bahnbrechenden Ergebnisse erzielen, was die Aufhebung alter und die Einführung neuer EU-Sanktionen gegen Russland betrifft. Und schließlich: Obwohl fast ein Jahr nach der Rückkehr von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus eine Wiederbelebung der russisch-amerikanischen Beziehungen zu beobachten ist, bleibt diese Entwicklung bislang eher bescheiden.
Nach den Unruhen von 1968 wurden die westlichen Linksextremisten vom Mainstream absorbiert. Sie ließen sich integrieren und richteten sich nach dessen Regeln. Nun streben auch die Rechtspopulisten danach, diesen Erfolg zu wiederholen und in das System integriert zu werden. Eines der Grundprinzipien dieses westlichen Systems ist jedoch die Wahrnehmung Russlands als Konkurrent, als Bedrohung und insgesamt als etwas "Fremdes". Diese Spielregel gilt auch für die sogenannten "Verbündeten Russlands", und sie sind sich dessen bewusst – das sollten wir ebenfalls nicht aus den Augen verlieren.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 11. Oktober 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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