In der letzten Ausgabe der Talk-Sendung Hart aber fair sah sich der Moderator Louis Klamroth bemüßigt, die von der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch genannten Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik und zur Beteiligung von Zuwanderern an den Straftaten, unter anderem Gruppenvergewaltigungen, in Zweifel zu ziehen (RT DE berichtete).
Klamroth ordnete die Statistik so ein: Da die Herkunft der Täter bei den durchschnittlich täglich zwei Gruppenvergewaltigungen nicht erfasst werde ("50 Prozent sind auch nicht deutsch"), könne man nicht sagen, "woher die kommen, das weiß man nicht". Klamroth weiter:
"Das können Flüchtlinge sein, das können aber auch australische Austauschstudenten zum Beispiel sein. Insofern gibt das die polizeiliche Kriminalstatistik nicht her."
Die ARD-Sendung vom 3. Februar war mit "Merz und die AfD: Ist die Brandmauer Geschichte" betitelt und bezog sich auf die Debatten und Abstimmungen im Bundestag, die in der vorigen Woche bereits für allgemeine Erregung gesorgt hatten (RT DE berichtete). In der Talkshow hatte von Storch folgende Zahlen angeführt:
"Wir haben zwei Gruppenvergewaltigungen am Tag, wir haben zehn normale Vergewaltigungen pro Tag und wir haben 131 Gewaltdelikte pro Tag in den letzten sechs Jahren gehabt im Schnitt durch Zuwanderer, in erster Linie von Syrern, von Afghanen und von Irakis."
AfD-Anfrage liefert Zahlen
Die Berliner Zeitung (BLZ) hat nun recherchiert und die Behauptungen Klamroths und von Storchs überprüft. So habe eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion ergeben, dass im Jahr 2023 bundesweit 761 Gruppenvergewaltigungen registriert worden waren, wobei knapp die Hälfte der Tatverdächtigen Nichtdeutsche gewesen seien.
Des Weiteren seien unter den Tatverdächtigen, die 2023 an Gruppenvergewaltigungen beteiligt gewesen sein sollen, folgende Staatsangehörigkeiten am häufigsten vorgekommen: deutsch (520), syrisch (71), afghanisch (49), irakisch (43) und türkisch (33). Unter den aufgeführten Personen, die in der Antwort auf die Kleine Anfrage genannt werden, sei kein australischer Staatsbürger. Die Zeitung macht jedoch die Einschränkung, dass die bloße Nennung der Staatsangehörigkeit keinen Rückschluss auf den Status der Tatverdächtigen zulasse, ob es sich also um Touristen, Zuwanderer oder Asylbewerber handelte. Die Kategorie "nichtdeutsch" würde nach Polizeiangaben auf alle Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, angewandt.
Für eine genauere Betrachtung müsste zudem bei den deutschen Staatsangehörigen überprüft werden, inwiefern es sich um zugewanderte Personen ("Migrationshintergrund", "Migrationsgeschichte") handelt. Diese Hintergrundinformationen gibt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) aber offenbar nicht her.
So hatte Stephan Brandner (AfD) darauf aufmerksam gemacht, dass weder die Antwort der Bundesregierung noch die PKS Angaben dazu machen, wie viele Tatverdächtige eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und wie viele eingebürgert wurden.
Keine Australier
Mit Bezug auf die Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts für 2023 schreibt die BLZ weiter, dass bei Vergewaltigungen, die den beiden Kategorien "besonders erniedrigend" oder den "Gruppenvergewaltigungen" zugeordnet werden, kein einziger Tatverdächtiger die australische Staatsbürgerschaft besaß. Allerdings werde in der Statistik nicht nach den beiden Kategorien unterschieden.
Die Zahlen für die gesamte Bundesrepublik scheinen mit den Ergebnissen einer Kleinen Anfrage zu korrelieren, die Marcel Luthe, früher Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus, heute Vorsitzender der "Good Governance Gewerkschaft", 2021 für das Bundesland Berlin gestellt hatte. Demnach seien syrische, türkische und afghanische Staatsangehörige am häufigsten unter den Tatverdächtigen.
Luthe zufolge würde die Kriminalstatistik gezielt einer "Verschleierung" unterzogen. Zwischen 2012 und 2022 seien die Kategorien mehrfach umdefiniert worden. Ziel sei es, die "Vergleichbarkeit zu erschweren".
Die BLZ zieht folgendes Fazit:
"Abschließend lässt sich festhalten: Eine Aussage darüber, ob Gruppenvergewaltigungen täglich aus dem 'Milieu der Asylbewerber' begangen werden, lässt sich derzeit nicht treffen. Eine Aussage darüber, dass 2023 auch Australier unter Tatverdächtigen bei Gruppenvergewaltigungen sein könnten, muss verneint werden."
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