Die Diakonie distanziert sich von Anhängern und Mitgliedern der AfD, soweit sie als Arbeitnehmer bei ihr beschäftigt sind. Der Präsident des evangelischen Sozialwerks betonte, weder Parteigänger noch Mitglieder der Partei hätten in den Reihen der Diakonie etwas zu suchen. Damit drohte der Kirchenmann unverhohlen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen für Anhänger einer legalen Partei. Allerdings müsse vor Kündigungen immer erst ein persönliches Gespräch mit den Betroffenen geführt werden.
Wie die Welt berichtet, sollten nach Ansicht von Schuch Sympathisanten der AfD, die sich "menschenfeindlich" äußerten, nicht in Einrichtungen der evangelischen Wohlfahrtspflege arbeiten. Die Zeitung zitiert Schuch aus einem Gespräch, das er der Funke Mediengruppe gegeben hatte: "Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen." Allerdings musste Schuch einräumen, dass es bisher in der Diakonie deutschlandweit offiziell zu keiner einzigen Entlassung wegen eines Einsatzes für die AfD gekommen sei. Schuch führte weiter aus:
"Wenn jemand in die AfD eintritt oder sogar für die AfD kandidiert, identifiziert er sich mit der Partei. Wir sollten zunächst das Gespräch mit dem Mitarbeitenden suchen, genau hinhören, warum und mit welcher Überzeugung rechtsradikale Äußerungen getätigt werden."
In den Personalgesprächen müsse den Mitarbeitern klargemacht werden, dass es bei der Diakonie keinen Platz für "menschenfeindliche Äußerungen" gäbe. Sollten diese Warnungen ungehört bleiben, müsse die Diakonie auch arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen und sich von den jeweiligen Mitarbeitern trennen. Die Androhung von Kündigungen gelte auch für Wähler der AfD, nicht nur für deren Mitglieder. Schuch gab in demselben Interview zu Protokoll:
"Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten."
Und weiter:
"Diese Leute können sich im Grunde auch nicht mehr zur Kirche zählen, denn das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild."
Ein Eintreten für die politischen Ziele der AfD sei mit dem "Leitbild" der Diakonie nicht vereinbar, weshalb man im Falle eines Falles gegen Mitarbeiter einschreiten müsse. "Wenn Mitarbeitende oder Führungskräfte gegen das christliche Menschenbild verstoßen – mit Worten oder Taten – dann müssen wir eingreifen." Zwar formulierte Schuch vage, aber stellte dennoch die Drohung in den Raum: Erst recht müsse die Diakonie durchgreifen, wenn jemand "auch noch parteipolitisch bei den Rechtsextremen" aktiv sei.
Zunächst sei aber das Gespräch mit den jeweiligen Mitarbeitern zu suchen. Sollten sich die Betroffenen weiter für die AfD engagieren, werde man Konsequenzen ziehen. Schuch:
"Wer zum Beispiel Zuwanderer als bedrohliche Menschenmasse bezeichnet, hat bei der Diakonie keinen Platz. Oder wenn behinderte Menschen bei uns das Gefühl haben, die Mitarbeiter würden sie abwerten, dann muss man sich von solchen Beschäftigten trennen."
In der Diakonie Deutschland sind die Diakonischen Werke der evangelischen Landes- und Freikirchen zusammengefasst. Unter dem Dach der Diakonie finden sich Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Kindergärten, Beratungsstellen und Sozialstationen, insgesamt rund 33.000 stationäre und ambulante Anlaufstellen. Bei der Diakonie arbeiten etwa 627.000 Angestellte und 700.000 ehrenamtliche Helfer. Damit gehört die Diakonie mit zu den größten Arbeitgebern in Deutschland.
Gleichzeitig brachte das vom Reklamekonzern Ströer betriebene Portal t-online einen Artikel über die vermeintliche Tendenz, dass immer mehr Christen angeblich mit der AfD sympathisierten. Die evangelische und die katholische Kirche haben mehrfach zu einem Boykott der Partei aufgerufen. In Thüringen wurde die AfD vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Kürzlich wurde ein evangelischer Pastor von seinem Amt suspendiert, weil er für die AfD kandidiert.
Zu dem Artikel gehört ein längeres Interview, das das Online-Portal mit der katholischen Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer geführt hat, in dem diese nahelegt, dass Christen, die die AfD wählen oder unterstützen, ihren Glauben verraten würden. In beiden großen Kirchen sei eine Spaltung zu beobachten – in Sympathisanten der AfD und deren Gegner. Gleichwohl, und das hätten die letzten Bundestagswahlen gezeigt, würden nur acht Prozent der Katholiken, neun Prozent der Protestanten, aber 14 Prozent der Konfessionslosen AfD wählen.
Inhaltlich seien christlicher Glaube und die Positionen der AfD unvereinbar, so die Professorin weiter. Pauschal behauptet die Theologie-Professorin, die AfD wolle die Menschenrechte, "die auf der für alle gleichen Menschenwürde basieren, begrenzen." Der Partei gehe es "allein um die Deutschen, die durch Tradition, Kultur und Religion miteinander verbunden" seien. Die AfD beziehe beispielsweise den "Wert der Familie", der auch für das Christentum eine besondere Bedeutung habe, allein auf Angehörige des deutschen Volkes.
Die Frage, ob nicht nur die evangelische, sondern auch die katholische Kirche mit gewissem Recht als "zu links" und "zu grün" gelten könnten, versucht Nothelle-Wildfeuer mit der Bemerkung zu entkräften, dass die "Botschaft des Evangeliums (…) nun einmal eine zentrale soziale Dimension" habe, weshalb die Kirche, die "danach versucht zu handeln, oft als links bezeichnet" werde.
Ob die Kirchen sich gegen mögliche Kritik wegen des von ihnen offiziell verfolgten Kurses im Kielwasser der etablierten Politik mit solch einem pseudo-theologischen Argument immunisieren können, dürften die anstehenden Wahlen mit beantworten.
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